Im Zentrum: Die Bienenarbeit bei Mellifera
Rund um die Biene wurde 1986 der Verein Mellifera gegründet, als es weder Bienen noch Imkern gut ging. Zwischen sie hatte sich ein kleiner Parasit gedrängt: Die Varroamilbe. Seither suchen wir Wege, unsere Bienen gesund zu erhalten und durch die Nähe zu ihnen auch unsere Welt positiv zu gestalten.
Di 21. März 2023 von Katrin Sonnleitner BieneMenschNatur.43, Wesensgemäße BienenhaltungFür gesunde Bienenvölker müssen wir den Blick auch in die Landschaft schweifen lassen, in der die Bienen so weitläufig wirken. Im Jahr 1996 hatten sich an der Insektentagung am Goetheanum in Dornach zahlreiche Mellifera-Imker die Bedeutung der Insekten im biologisch-dynamischen Landbau vergegenwärtigt. Sieben Jahre später, 2003, wurde dann aus dem Impuls von Mellifera- und Demeter-Imkern das Netzwerk Blühende Landschaft gegründet, um für Bienen und Insekten tätig zu werden, und den rein ökonomisch ausgerichteten Interessen der industriellen Landwirtschaft ein Gegengewicht zu setzen.
Im Jahr 2006 übernahm Norbert Poeplau an der Fischermühle die von Thomas Radetzki aufgebaute Imkerei. Radetzki erhielt so den notwendigen Spielraum, sich im politischen Umfeld zum Wohl der Bienen zu engagieren. Die Arbeit mit den Mellifera-Bienen gliedert sich heute in drei Bereiche unserer Lehr- und Versuchsimkerei: Bildung, Forschung und Produktion. Jeder für sich hat eine große Bedeutung für unsere Vereinsziele.
Unsere Völker – unsere Fragen. Gemeinsam im Netzwerk forschen
Nach Radetzkis Feldversuchen zur Oxalsäure-Behandlung zwischen 1989 und 2003 wurden in Deutschland zunächst die Träufel- und später die Sprühbehandlung zugelassen, fast weltweit darf Oxalsäure heute auch verdampft werden. In einem vom Forschungsring e. V. koordinierten Versuch wurde über drei Jahre (2012 – 2014) die Honigqualität aus Bienenvölkern in unterschiedlichen Stadien der Umstellung auf biodynamische Haltung mit bildschaffenden Methoden untersucht. So spezielle Forschungsfragen der ökologischen Imkerei entstehen aus dem Beziehungsgefüge mit den Bienen und Gesprächen mit Bienenhaltern in unserem Netzwerk.
Bei ihrer Bearbeitung braucht es eine besondere Nähe zu den Bienen und begeisterte Mitforscher. Wie können Behandlungen mit Arzneimitteln verringert werden? In einem Versuch folgen wir seit 2022 einem Weg, der verspricht, durch regelmäßige Diagnose des täglichen Milbenfalls und konsequent sofortigem Behandeln bei Überschreiten eines Grenzwerts, langfristig die Behandlungsmittel und -intervalle zu reduzieren. In einem Wärmeprojekt wird eine Infrarot-LED-Technolgie erprobt, um Bienen mit Wärme chemiefrei gegen die Varroa zu behandeln. Inwieweit trägt das natürliche Schwarmgeschehen zur Varroadezimierung bei? Dies erforschen wir mit Bienenvölkern in „Kleinraum-“ bzw. 45-Liter-Beuten.
Das imkerliche Tun inspiriert dann auch neue Ansätze, in die Gedanken der wesensgemäßen Bienenhaltung einfließen: die „Neue Zeidlerei“, bei der die Bienen hoch oben in einem ausgehöhlten lebendigen Baum leben und dort imkerlich betreut werden. Bei Bedarf werden sie gefüttert oder nach einer Diagnose gegen die Varroa behandelt, um Virusinfektionen vorzubeugen.
Ergebnisse aus dieser Forschung und Erkenntnisse aus der täglichen Bienenarbeit fließen dann in Leitfäden, die in der Breite angewendet werden können.
Liebe geht durch den Magen. Gesundheit auch.
Propolis für medizinische Zwecke, Blütenpollen als gesunde und heilsame Ergänzung der Ernährung oder Honig als wertvolles Lebens-Mittel – die Nachfrage von Menschen nach Produkten aus ethisch guter Bienenhaltung zeigt uns ihre Wertschätzung für beste Qualität und Tierwohl. Mellifera hatte einst die Richtlinien der biodynamischen Imkerei maßgeblich formuliert, und auch heute engagiert sich Poeplau bei ihrer Weiterentwicklung, um möglichst hochwertige Bienenprodukte so zu gewinnen, dass die Bienen ihre Fähigkeiten entfalten können. So werden bei Mellifera auch Bienenvölker für die Produktion unseres eigenen Honigs und andere heilkräftige und Energie spendende Erzeugnisse gepflegt.
Bienen und Beuten für Bildung und Beziehung
Ein weiterer wichtiger Bereich der Mellifera-Bienenarbeit: Für Kurse und Seminare, Bienen-Erlebnisse und Führungen stellen unsere Imker*innen Bienenvölker zur Verfügung. Werdende Hobbyimker*innen tauchen in die faszinierende Welt der Bienen ein. Kinder, Jugendliche und Lehrkräfte erfahren mit allen Sinnen die Bienen und spüren darüber ihre eigene Eingebundenheit in die Natur und üben den Blick aufs Ganze. Um die Tradition und Kulturgeschichte der Bienenhaltung erlebbar zu machen, werden bei Mellifera Bienen in einer Vielzahl unterschiedlicher Behausungen betreut: Historische Bienenwohnungen wie der Alemannische Rumpf, der Lüneburger Stülper, die Kanitz-Ringe oder die Schwäbische Lagerbeute zeugen vom Erfindungsreichtum Bienen begeisterter Menschen. Sie zeichnen die Entwicklung der Bienenhaltung nach und offenbaren viele Prinzipien, die heute wieder in den Blick genommen werden, z. B. die Dämmwirkung von Stroh oder die immer gleichen Regeln, nach denen Bienenvölker noch so unterschiedlich geformte Behausungen einrichten.
Günther Manckes Weißenseifener Hängekorb ist unter all diesen Bienenwohnungen nicht direkt im Hinblick auf imkerliche Produktion zu betrachten. Vielmehr verkörpert er eine tiefgründige künstlerische Auseinandersetzung mit der Gestalt und Plastizität von Bienenvölkern, bzw. des Bienenwesens.
Wer sich mit Bienen auf den Weg macht, dem eröffnet sich eine ganze Welt. Die Motive, sich für Bienenhaltung zu interessieren, entstammen heute weniger dem Interesse für ein wirtschaftlich interessantes Hobby, welches sich durch den Honigverkauf selbst trägt. Viele Interessierte wollen mit wenigen Bienenvölkern etwas gegen die Vertreibung vieler Insekten aus dem landwirtschaftlichen Zusammenhang unternehmen. Sie engagieren sich genauso für zunehmende Blütenvielfalt und gegen ausgeräumte Landschaften, in denen großflächig Monokulturen das Bild prägen.
Den ideellen Ertrag beziffern?
Werden Bienenstöcke im Seminarzusammenhang wöchentlich geöffnet, Waben von noch unerfahrenen Händen gezogen, die Brutnester ausgiebig studiert, so lassen die Bienen uns gewähren, brauchen anschließend aber auch Regeneration. Sie verbrauchen Energie in Form von Honig, um sich von ihrer „Lehrtätigkeit“ zu erholen und die Anstrengung zu verdauen. In punkto Honig ist eine solche Art der Imkerei also mit Verzicht verbunden.
Der Ertrag dieser Bienenstöcke liegt vielmehr in den Erfahrungen und Erkenntnissen der Menschen, die über die Bienen neue Einblicke in Zusammenhänge in der Natur gewonnen haben. Er liegt in den sinnlichen Eindrücken, die sie mit den Bienen haben erleben dürfen. Wer diese im Herzen trägt und im eigenen Leben anklingen lässt, dem offenbart sich ihr wahrer Wert.