


Bobbie – erste Erfahrungen aus der gemeinsamen Forschung
Im Citizen-Science-Projekt Bobbie zur befallsorientierten Behandlung haben die Teilnehmenden bei ihren Bienenvölkern engmaschig den Befall diagnostiziert und konsequent behandelt. Hier lest ihr, was wir gemeinsam erlebt haben.
Do 10. April 2025 von Katrin Sonnleitner Bienengesundheit, Bienenwohnung, Forschung, Naturwaben, Varroa, Wesensgemäße Bienenhaltung
Im ersten Versuchsjahr 2024 hatten 29 Imker und Imkerinnen 102 Bienenvölker zum Citizen-Science-Projekt Bobbie angemeldet. Gemeinsam wollen wir herausfinden, wie eine von Dr. Frank Neumann beschriebene Methode der befallsorientierten Varroabehandlung in der wesensgemäßen Bienenhaltung funktioniert, und inwiefern sich mit ihr der Einsatz von Ameisensäure reduzieren lässt.
Konsequent zählen und behandeln
Die Methode basiert auf der regelmäßigen Varroadiagnose mittels Unterlage und unmittelbarer Kurzzeit-Behandlung mit Ameisensäure per Schwammtuch ab einem täglichen Totenfall von fünf Milben. Das Procedere wird ab Juli bis in den Spätherbst alle drei Wochen wiederholt. Eine Winterbehandlung mit Oxalsäure wurde nur durchgeführt, wo im Winter täglich mehr als 0,5 Milben fielen.
Zählen, zählen, zählen. Ich fand das total spannend, so nah an den Bienen zu sein.
(Barbara Leineweber, Demeter-Imkerin)
Die Bobbie-Community: Menschen und Bienen
Gemeinsam haben die Beteiligten, dass sie ihre Bienenvölker wesensgemäß halten: Naturbau mindestens im Brutnest, Vermehrung ausschließlich im Schwarmzusammenhang, kein künstliches Auswechseln von Königinnen, kein Drohnenschnitt, Behausungen mit großem Brutraum und aus Naturmaterialien.
Die Teilnehmenden waren angehalten, vor der Anmeldung ihrer Völker im Juni den Milbenfall zu überprüfen, um keine stark befallenen Völker in den Versuch zu nehmen und ihr Überleben zu riskieren.
Beteiligt sind gleichermaßen Neueinsteiger und erfahrene Imkerinnen. Ihre Bienenhaltung reicht von der Freizeitbeschäftigung bis zum Nebenerwerb. In den Versuch nahmen sie zwischen 1 und 16 Bienenvölker.
Dieses heterogene Teilnehmerfeld und Bienenvölker mit unterschiedlichen Biographien an unterschiedlichen Standorten ist eine Herausforderung im Projekt und gleichzeitig Realität der Bienenhaltung.
Herausforderung: Honig- und Varroawetter
Soll verkehrsfähiger Honig geerntet werden, muss er vor der ersten Behandlung entnommen werden. 2024 sahen wir an einigen Standorten, dass bereits im Juli viele Milben fielen, während der Honig bei feuchter Witterung nur langsam reifte. Einzelne Waben können während der Behandlung des Trachtvolks von anderen Völkern zur Reife gebracht werden, doch im großen Stil ist dies kaum umzusetzen. Die Betroffenen standen zum Teil vor die Frage, wie sie mit Honig und Milben umgehen sollten: Früh ernten, anders behandeln, genau hinsehen, das Risiko einer hohen Belastung eingehen…?
Die Behandlung mit dem Schwammtuch
Viele Teilnehmende gingen mit gemischten Gefühlen an diese Art der Behandlung, die auch Stoß- oder „Schockbehandlung“ genannt wird: Im Gegensatz zu einer Langzeitbehandlung fließt der Säuredunst vom Schwammtuch aus in einem Schwall direkt in das darunter liegende Brutnest. Erfolgt dieser Eingriff brüsk, quittieren die Bienen es mit einem lauten Brausen.
Es galt, das Verfahren bienenschonend und wirksam anzuwenden. Die Dosierung wurde – ausgehend von der Gebrauchsinformation des Arzneimittels – an die unterschiedlichen Beutenvolumen und an die Größe der Bienenvölker angepasst. Mit etwas Rauch geben die Bienen die Oberträger frei, und auch die Königin zieht sich zurück.
Dicke Futterkränze ließen das Brutnest in die Breite wachsen. Die Dosis wird auf zwei Schwammtücher verteilt. (Foto: Katrin Sonnleitner)
Mit den Eigenheiten der Bienen arbeiten
Auch die Bienen stellten uns vor Herausforderungen. Insbesondere für die Einraumbeute gab es wenig gesicherte Erfahrung in Bezug auf die Dosierung der Ameisensäure und die Wirkung des Schwammtuchs. Die Diagnoseschalen mussten auch unter stark durchhängenden Völkern platziert werden. Dicke Futterkränze bewirkten teilweise, dass Brutnest mit Bienensitz weit entfernt vom Schwammtuch lag, was die Verdunstung der AS verzögert und die Wirkung reduziert haben könnte. Weit ausgezogene Vorratszellen, schwungvoll gebaute Naturwaben und Wachsbrücken zwischen den Oberträgern engten die Wabengassen teilweise ein, so dass die Ameisensäure kaum direkt nach unten abfließen konnte.
Rhythmus ist lebendiger als Takt
Wichtiger, als die Taktung von drei Wochen genau einzuhalten, war, das Wetter zu beobachten und nach einer Diagnose für die Behandlung einen trockenen Tag mit ausreichend hoher Temperatur abzuwarten. Auch hier wurde das imkerliche Gespür und die Flexibilität auf die Probe gestellt, um im dynamischen Witterungsgeschehen einen Rhythmus zu finden. Es ergaben sich Zähl- und Behandlungszyklen von drei bis vier Wochen.
Nachdem ich bisher eher zögerlich die Sommerbehandlung durchgeführt hatte und auch immer Völker verloren habe, hat mir die Teilnahme nun einen guten Rahmen geboten. So habe ich zum ersten Mal ganz strukturiert Milben gezählt und evtl. gleich behandelt. (…) so habe ich jetzt einen guten Überblick über den Verlauf der Behandlung und weiß nun viel mehr über meine Völker.
(Jens Michael Thomas, Demeter-Imker)
Was sagen uns die Milben?
Im Versuch kamen die Teilnehmenden nicht nur den Bienen, sondern auch ihren Milben näher und gewannen Sicherheit in der Diagnose. Welche Milben auf der Unterlage sind für die Diagnose relevant? Woran erkennt man, ob Bienenvölker befallene Brut ausräumen? Wie lässt sich auf einen Behandlungserfolg schließen? Was bedeuten fünf Milben im Sommer, was im Herbst? Und welche Anzeichen lassen zusätzlich zum Milbenfall auf vitale oder kranke Völker schließen?
Im Gemüll finden sich Milben und auch Teile von ausgeräumter Brut. (Foto: Katrin Sonnleitner)
Zwischenstand vor der Bienensaison 2025
Im Laufe des Bienenjahres wurden 17 Völker aus dem Versuch abgemeldet. Sie waren gestorben (Varroa, Vergiftung, Weisellosigkeit) oder im Laufe des Jahres abweichend behandelt worden. Von drei Personen, die zusammen vier Völker angemeldet hatten, erhielten wir keinerlei Daten. Dies reduziert zwar die auswertbaren Daten, bringt uns jedoch einen Lerneffekt, um das Vorgehen für die nächsten Jahre anzupassen. Wie viele der Versuchsvölker 2025 ausgewintert wurden, wird derzeit erhoben.
Erfahrungen und Erlebnisse in der Gruppe zu diskutieren und gemeinsam nach Anpassungen und Lösungen zu suchen, hat die Projektarbeit im ersten Jahr sehr bereichert.
Du möchtest im Projekt mitwirken?
Die Anmeldung neuer Bienenvölker für die kommende Bienensaision wird voraussichtlich im Juni wieder möglich sein.
Interessierte, die mit ihren Bienenvölkern bei Bobbie mitwirken möchten, melden sich bitte bei E-Mail schreiben.
Außerdem informieren wir darüber im Newsletter Bien’mensch und auf der Bobbie-Projektwebsite.
Austausch im Mellifera-Diskussionsforum
Ihr wirkt im Projekt mit oder behandelt eure Bienen nach der Methode? Für den Austausch haben wir im Mellifera-Diskussionsforum einen Bobbie-Thread eingerichtet.