Michelle Martins Carvalho: Zwischen Himmel und Erde
Mit einzigartigen Blickwinkeln und kunstvoll inszenierten Bilder bildet die Fotografin Michelle Martin Carvalho die Bienen mit Blickwinkeln ab, die auf ihre Weise ganz besonders sind.
Di 21. März 2023 von Katrin Sonnleitner BieneMenschNatur.41, Wesensgemäße BienenhaltungEin milder Septembernachmittag in Berlin. Ich schiebe mein Fahrrad durch das Tor des äußerst lebendigen St. Jacobi Friedhofs in Neukölln. Auf dem hundert Jahre gewachsenen Naturraum mitten in der Stadt ragen Bäume haushoch in den Himmel, dazwischen finden sich verwilderte Lichtungen und jede Menge Hochbeete. Es ist die Heimat des Prinzessinengarten-Kollektivs, in dem viele Menschen gemeinschaftlich gärtnern. Hier betreuen Imker*innen unserer Berliner Regionalgruppe einige Bienenvölker, geben Führungen und Bienenkurse.
Im Café am Eingang erwartet mich bereits Silke Meyer, Mitorganisatorin der Regionalgruppe und Künstlerin. Sie macht mich bekannt mit Michelle Martins Carvalho, einer jungen Fotografin, die mit leiser, ruhiger Stimme über ihr Abschlussprojekt an der Ostkreuzschule für Fotografie erzählt. Dieser Ort im Freien, mitten in Berlin ist einer der „Spots“ ihrer Abschlussarbeit, in der sie erkundet, wie urbaner Raum genutzt wird. Auf ihrer Suche danach, wie Menschen sich Stadt aneignen, wurde sie dort auf Bienenstöcke aufmerksam. Sie begann über die Bienen zu lesen. „Bei meinen Recherchen über Honigbienen hat mich ihre mythologische Bedeutung fasziniert.
Seit jeher spielen sie eine besondere Rolle in unserer Kulturgeschichte, sie symbolisieren in vielen Kulturen Unsterblichkeit, viele Mythen ranken sich um sie. Menschen sprechen von einer besonderen Ergriffenheit, wenn sie sich dem Bienenvolk nähern. So habe ich mich Imker*innen angeschlossen und mit ihnen gemeinsam die Bienen besucht. Ich habe gemerkt, wie sich bei meiner Begleitung ein besonderer Zustand einstellte, wenn sie in den Kontakt mit den Bienen traten. Irgendwie entrückt und doch ganz im Hier und Jetzt. Diesem Zustand habe ich mit meiner Kamera nachgespürt,“ erzählt die Fotografin.
Auf den Spuren der Bienen und ihrer Menschen nimmt Michelle Martins Carvalho viele Blickwinkel ein: Ein rauchender Smoker, sein Metallzylinder vom vielfachen Gebrauch harzig angelaufen, findet sich mit einem struppig zerfransten Bienenbesen zum lebendigen Stillleben, in dem sich imkerliche Arbeitsgeräte wie rituelle Gegenstände begegnen, bereit zum Eintritt in eine andere Welt. Carvalho portraitiert bienenverbundene Menschen an ihren persönlichen Rückzugsorten in urbaner Natur; intime Momente von Innigkeit und Stille. Dann wieder ruht Carvalhos Auge auf der Landschaft: Vor verschneiter urbaner Kulisse schmiegen sich Bienenstöcke im fahlen Winterlicht aneinander. Lebendig. Still.
Im Frühjahr inszeniert die Fotografin die überirdisch wirkende Anmut von Blüten vor schwarzem Hintergrund. Ich denke: Pollenportraits. Wenn Carvalho die Ästhetik des Wabenwerks mit seinen Bienenwiegen und Pollenzellen in den Blick nimmt, streift sie vorsichtig und liebevoll über die Körperteile des Bienenwesens. Sie tritt nochmal zurück. Wo bist du? Und da blickt es uns aus der Baumhöhle entgegen: das ganze Wesen, der Bien.
So verschieden Michelle Martins Carvalhos Aufnahmen sind, ergänzen sie sich zu einem Streifzug auf den Verbindungen zwischen Bienen, Menschen, Raum und Jahreslauf, Himmel und Erde. Möchten Sie sich selbst einmal ein Bild von den Arbeiten Michelle Martins Carvalhos machen? Dann besuchen Sie gern ihre Website www.michellemartins.de und lassen Sie sich verzaubern.