Futter für unsere Honigbienen
Mo 8. Januar 2024 von Norbert Poeplau BieneMenschNatur.45, BienengesundheitAls ich vor mehr als zehn Jahren Dr. Dr. Helmut Horn am Bieneninstitut in Hohenheim besuchte, um mit ihm über Bienenfütterung zu sprechen, war sein erster Satz: „Herr Poeplau über eins sind wir uns wohl einig, Honig ist das beste Bienenfutter.“ Seinem Satz konnte ich sofort uneingeschränkt zustimmen.
Ich bin der festen Überzeugung, dass sich die tiefe Beziehung zwischen Honigbienenvölkern und Blütenpflanzen über viele Jahrmillionen und die damit verbundene natürliche Selektion optimal für beide Spezies entwickelt hat. Jede*r Imker*in weiß, dass Blütennektar nicht der einzige Saft ist, aus dem die Bienen Honig machen. Es gibt auch Honig, der vollständig oder überwiegend aus auf lebenden Pflanzenteilen befindlichen Exkreten von an Pflanzen saugenden Insekten (Hemiptera) oder aus Sekreten lebender Pflanzenteile stammt, den Honigtauhonig. Aber auch dieser unterlag den Jahrmillionen der Entwicklung unserer Honigbienen und deshalb muss Honig das beste Bienenfutter sein. Wichtig ins Bewusstsein zu nehmen ist es, dass die Honigeinlagerung in den Honigzellen der Bienenvölker aus dem Angebot der Natur vom Frühling bis in den Herbst hinein erfolgt.
Ein Blick zurück
Seit etwa 1800 n. Chr. wird Zucker im industriellen Maßstab produziert. Bis dahin war Honig und Fruchtsirup das Süßungsmittel in den breiten Bevölkerungsschichten in Europa. Schnell wurde klar, dass Zucker als Ersatz von süßem Nektar und Honigtau den Bienen gefüttert werden konnte. Honig, der bis dahin für die Überwinterung der Bienenvölker im Herbst den Bienen gelassen wurde, konnte zusätzlich geerntet werden und durch die Fütterung von Zuckerwasser im Spätsommer und Herbst ersetzt werden. Ein großer Unterschied besteht aber darin, dass an der Bildung der Wintervorräte durch Zuckerwasser in wenigen Wochen nur noch wenige Bienengenerationen beteiligt sind, weil Arbeitsbienen während der Sammelsaison nur circa sechs Wochen leben.
Es hat sich neben der industriellen Zuckerproduktion auch eine industrielle Honigproduktion aus der Entnahme von immer größeren Honigmengen aus Bienenvölkern entwickelt. Bis heute hat sich die Landwirtschaft in Westeuropa so verändert, dass eine Bienenhaltung ohne Zuckerfütterung kaum mehr denkbar ist. Unsere Völker hängen sozusagen am Tropf des Zuckerwassers.
Im Rahmen einer neuen, ökologischen Achtsamkeit über die eigene Ernährung hinweg bis in die Bienenhaltung hinein, gibt es immer mehr Imker*innen, die ihren Bienen die gesammelten Honigvorräte über den Winter hinweg belassen und erst im Frühjahr, wenn die Bienenvölker wieder genügend Nektar finden, überzählige Honigvorräte daraus entnehmen. So wie es übrigens vor der industriellen Zuckerproduktion auch gewesen ist. Ich bekomme zunehmend Anfragen, die lauten: „Kann ich meine Bienen auch auf Honig überwintern?“ Meine saloppe Antwort: „Ja, das hat über viele Millionen Jahre ganz gut funktioniert.“ Voraussetzung ist heute aber ein Standort, der aus der Umgebung einen durchgehenden Nektarstrom liefert. Das ist oft nicht mehr gegeben.
Das Futter an der Fischermühle
Wie halten wir es in der Demeter Imkerei Fischermühle mit dem Füttern der Bienenvölker? Etwa 20 Bienenvölker dürfen schon immer über Jahrzehnte hinweg auf ihrem eigenen Honig überwintern. Nur in Jahren mit wenig Nahrungsangebot aus der Natur prüfen wir ihr Gewicht im Spätsommer und füttern bei Notwendigkeit etwas Zuckerwasser nach, um sie den Winter überleben zu lassen.
Bei den anderen Völkern ernten wir bis in den Spätsommer die Honigvorräte und füttern ihnen sofort nach der Honigernte Demeter-Futter zu. Das Futter besteht aus Demeter-Rüben- oder Demeter-Rohr-Zucker zu dem zusätzlich mindestens 10 Prozent eigener Demeter-Honig sowie Wasser, Kamillentee und Salz hinzukommen.
Weil Saccharose, der Zucker im Rüben- und Rohrzucker, erst einmal kein Bienen-Winterfutter ist, wird dem Futteransatz Honig zugegeben. Honig ist chemisch gesehen sauer. Die Säure bewirkt im Futteransatz eine anfängliche Umwandlung von Saccharose in Fruktose und Glukose. Diese Umwandlung führen die Bienen bei der Futteraufnahme weiter und im eingelagerten Winterfutter ist dann keine Saccharose mehr enthalten.
Milchsaures Futter
Einige Demeter Imkerkolleg*innen produzieren für ihre Bienenvölker ein sogenanntes „milchsaures Futter“, das durch eine längere Invertierung vor der Einfütterung in Fruktose und Glukose umgewandelt wurde. Dieses Futter erspart den Bienen die Umarbeitung des Zuckers. Ich bin der Überzeugung, dass die Bienen durch das Umarbeiten von Saccharose zu Fruktose und Glukose das Winterfutter zu etwas Eigenem des Bienenstocks machen. Dieses „zu etwas Eigenem“ machen des Futters entspricht mehr meinem Bild der Volksindividualität eines Bienenvolkes. Auch der Nektar vieler Blütenpflanzen enthält mehr oder weniger Saccharose, der von den Bienen bei ihrer Honigproduktion umgewandelt wird. Deshalb füttern wir an der Fischermühle die erstgenannte Demeter-Futtermischung. Womit wir wieder bei meinem Besuch von Dr. Dr. Helmut Horn am Bieneninstitut wären. Auch er würde ein voll invertiertes Futter nur einsetzen, wenn beispielsweise ganz schnell, sozusagen als Notfütterung am Ende einer späten Waldtracht, Bienenvölker vor dem nahen Winter aufgefüttert werden müssten.