Interview mit Günther Mancke
Günther Mancke gab wiederholt Plastizierkurse an der Imkerei Fischermühle und leitet zum Bau des von ihm entwickelten Weißenseifener Hängekorbes – einer speziellen Kugelbeute/Bienenkugel – an. Zudem hat er bei der Gestaltung des Geländes an der Fischermühle mitgewirkt.
Mi 1. Oktober 2003 von Thomas Radetzki BieneMenschNatur.05, Bienenwohnung, Interview, Kugelbeute, NaturwabenStudiert hat Günther Mancke an der staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf bei Professor Mattaré, dem er seinen besonderen Zugang zu Kunst, Umwelt und nicht zuletzt auch den Bienen verdankt. Nach dem zweiten Weltkrieg zog Günther Mancke zusammen mit einigen Kommilitonen in die Eifel. Mitten im Wald, in damals noch unberührter Landschaft gründete er in Weißenseifen eine Künstlersiedlung, die nach einigen Jahren durch ein heilpädagogisches Heim erweitert wurde.
Günther Mancke vor seinem Weißenseifener Hängekorb Biene Mensch Natur: Du hast das gesamte Gelände in Weißenseifen gestaltet?
Günther Mancke: Das habe ich gestaltet, ich habe architektonisch die ganze Außenanlage von Haus Michael gemacht, die Arbeits- und Werkstätten, die Festhalle, die Cafeteria. Etwas wesentliches, worum ich mich sehr bemüht habe ist, dass die Bauten wirklich in die Landschaft hereingesetzt wurden bzw. aus der Landschaft herausgestaltet wurden – wir haben auch versucht den ursprünglichen Bewuchs dieser Landschaftsteile zu erhalten bzw. neu zu gestalten.
So wie die Gebäude von Weißenseifen aus der Landschaft heraus gestaltet sind, so entwickelst du deine Bienenwohnungen aus dem Wesen der Bienen heraus. Wie bist du denn dazu gekommen, dich mit den Bienen zu beschäftigen?
So in den 50-er Jahren bekam ich von einem Bauern einen Bienenkasten geschenkt, es war ein ganz schmalbrüstiger Kasten der blau angestrichen war. Wenn man neu Bienen bekommt sitzt man natürlich stundenlang davor. Dabei bekam ich den Zusammenhang zwischen innerem Wesen und äußerer Erscheinung nicht überein, und das ist das wesentliche Prinzip was durch meine ganze Entwicklung durchgeht. Innen das summende, warme Volkswesen, dieser unwahrscheinlich warme Duft der in einem solchen Kasten drin ist, das bekam ich nicht überein mit der Schmalbrüstigkeit und vor allem nicht mit der blauen Farbe, wo man nur Kälte empfinden kann. Da habe ich mir dann, so gut ich konnte Stülper hergestellt aus Stroh und war auch erst mal sehr zufrieden. Das Stroh entsprach vom Material her dem, was mir da so entgegenkam, dieses Sonnengelb und die runde Form. Das habe ich eine Zeit betrieben und irgendwann, ich kann mich nicht mehr entsinnen warum, habe ich aufgehört.
Etliche Jahre später habe ich die Bienenhaltung wieder aufgenommen und beschaute mir dann auch diese schönen romantischen Körbe und kam zu dem Ergebnis das ist es nicht, die haben zwar eine Rundung im Grundriss, es ist also eine gewisse Wärmeform und oben hat es einen Abschluss aber im Grunde genommen ist es ja nur ein Zylinder. Dem bin ich dann also nachgegangen und habe Entwürfe gemacht, so wie ich mir das vorstellte. Ich stieß dann auf ein Buch, in dem ein Freibau in einem Baum abgebildet war, und der zeigte in wunderbarer Weise die Ganzheit des Volkes, wie es sich eigentlich darleben würde. Später habe ich selber in Pommern einen Freibau gesehen, der war ganz mit Wachs überzogen. Die Bienen hatten sich ein regelrechtes Gehäuse gebaut.
Zum Freibau habe ich noch ein Frage. Meinst Du mit Freibau, das die Bienen frei im Baum gehangen haben?
Naturbau-Wabe aus dem Hängekorb Ja ein Bienenvolk, dass frei im Baum seine Waben gebaut hat. Dann kam die Entdeckung der Kettenkurve: Ich hatte 13-15 Versuchsvölker und davon einen Versuchsstand im Wohnzimmer – ich habe ein Loch in die Mauer geschlagen, durch das die Bienen in den Beobachtungskasten fliegen konnten, so dass ich den Baufortschritt beobachten konnte, habe täglich eine Kette daran gehalten und gesehen: egal wie die Kurve aussieht, es ist immer eine Kettenkurve. Ich habe dann eben auch den Zusammenhang gesehen von den Baubienen, die sich in Ketten aufhängen. Dem bin ich exakt nachgegangen. Der Hängekorb den ich entwickelt habe, der hat die Form der Kettenlinie. Im unteren Teil habe ich dann abgerundet, so dass das Ganze eine gewisse Eiform, also auch eine Wärmeform hat mit dem Anflugtrichter unten. Dann habe ich daran einige Jahre gearbeitet und immer wieder Verbesserungen durchgeführt. Ich hatte damals noch eine Alternative, weil ich dachte, dass die Menschen wahrscheinlich nicht so schnell akzeptieren, dass so ein Ding hängt und vor allem nicht in 2,50 m Höhe – was den Bienen ja gemäss ist. Da habe ich genau dasselbe Prinzip als Standkorb entwickelt. Der innere Aufbau ist genau derselbe – beides sind Bogenkörbe. Dann dachte ich aber, konsequent ist eigentlich, wenn schon dann ein Hängekorb und bin gar nicht mehr auf die Standkörbe zurückgekommen.
Du hast dann etwas entwickelt, was beim Korbprinzip ja ungewöhnlich ist, diese Mobilität der Waben.
Ja es ist eine Kombination von Stabilbau und Mobilbau. Es ist eigentlich ein Stabilbau, wo man die Möglichkeit hat auch nachzuschauen und einzugreifen wenn es nötig ist.
Und dann ist das einfach „an den Himmel“ gehängt?
Ja genau und man sieht eigentlich dem Korb an was drinnen ist, es kann nur ein Insekt drinnen sein und dieser Korb war dann eigentlich die Antwort auf meine ursprüngliche Frage wie ist Inhalt und Form, wie stehen Inhalt und Form zueinander.
Das ist ja eine ganz spezielle künstlerische Frage, die heutzutage gar nicht mehr gesucht wird.
Durch eine Begegnung bei einer Imkertagung lerntest du Thomas Radetzki kennen, dem du deine Pläne von den Hängekörben gezeigt hast.
Ja, so ist das zusammengekommen. Und daraus sind jahrelang die Plastizierkurse erwachsen. Dann haben wir das Gelände an der Imkerei Fischermühle über die Jahre ein bisschen gestaltet: Die Plastik entstand – jetzt noch mit der Lampe und dem Kernkörper. Letzterer kriegt auch noch eine Form, dann ist das möglicherweise abgeschlossen.
Ja wir hatten das Plastizieren und dann irgendwann war mal die Fragestellung Bienenkunstwerk. Bei diesem Kunstwerk war ja eine bestimmte Frage wichtig, nämlich: Das innere Wesen des Biens in einem plastisch-künstlerischen Objekt zum Ausdruck zu bringen.
»Der Bien zwischen Himmel und Erde«
Thomas Radetzki erkäutert die Skulputur am Eingang der Imkerei Fischermühle, die gemeinsam mit Günther Mancke erarbeitet wurde:
Das war der Ansatz. Den haben wir dann realisiert in dem Betonbogen als irdisches Element und der Himmelskurve, weiter die Ausgestaltung der Wabe in zweierlei Richtungen zum Eingang hin ist es diese aktive Spiralzentrifugalbewegung mit dem Blick ins Innere, wo das goldene Bienenwesen einem entgegentritt, die Rückseite hat mehr so ein träumendes Element in der Gestaltung.
An diesem Kunstwerk kommt wieder dein Anliegen den Inhalt durch die Form sichtbar zu machen zum Ausdruck.
Da könnte ich noch viel mehr erzählen …