Hängen Schwärme an bevorzugten Stellen?
Welche Orte suchen Schwärme am liebsten aus, wenn sie frei ausfliegen? Traditionellem Wissen folgend sind für Bienen Kreuzungen von Wasseradern der beste Aufstellungsplatz. Das zu überprüfen hat uns natürlich sehr interessiert. Für die Arbeit mit dem Schwarmtrieb wäre eine Vorhersagemöglichkeit von attraktiven Plätzen von großer Bedeutung.
Do 16. Oktober 2008 von Thomas Radetzki BieneMenschNatur.15, Bienenwohnung, Forschung, SchwarmvermehrungAus der Serie: „Die Bienenwohnung“, Teil 3
Seit über zwanzig Jahren lassen wir unsere Bienenkörbe am Waldrand bei der Fischermühle frei abschwärmen. Im Laufe der Jahre haben sich Plätze gezeigt, an denen sich Schwärme bevorzugt anlegen. Verschiedene Rutengänger haben die Plätze angeschaut und als Kreuzungspunkte bestätigt. Jedoch waren sie vorab immer schon informiert.
Auf der Karte ist die Verteilung der Schwarmanlegestellen dokumentiert. Darauf wird anschaulich, dass die Bienen, auch über Jahre hinweg, bestimmte Plätze be- vorzugen. Manche Plätze liegen sehr dicht beieinander und könnten als ein Platz gewertet werden. So würde sich der Eindruck einer Konzentration auf bestimmte Orte noch steigern. In Betracht zu ziehen ist, dass hunderte mögliche Plätze zur Verfügung standen, die niemals aufgesucht wurden.
Im Rahmen eines mehrjährigen Forschungsprojekts zur Schwarmstimmung wurde unter anderem dieses Thema aufgegriffen. Da Rutengehen keine naturwissenschaftlich anerkannte Methode ist, haben wir eine Person gewählt, von der eine besondere Qualifikation zu erwarten ist. Der Rutengänger leitete eine entsprechende Ausbildungsstätte und hat acht Jahre lang in Zusammenarbeit mit Imkern viele von den Bienen selbst gesuchte Plätze untersucht. Dabei hat er über Wasseradern hinaus eine Reihe von weiteren geomantischen Merkmalen solcher Plätze bestimmt. Seine Ergebnisse wurden in der Imkerfachpresse publiziert.
Schwarm mit Glasrohr, das auf Duftstoffe untersucht wurde. Ohne Vorinformation bestimmte der Rutengänger acht Plätze im Radius von 50 Metern um den im Rahmen des Projektes eingerichteten Schwarmstand neben dem Imkereigebäude. Er war sich sicher, dass dies die interessanten Schwarmanlegeplätze für die Bienen sind. Beginnend mit dem Jahr 2000 wurden über vier Jahre die natürlichen Anlegeplätze erfasst. Bis zum Jahr 2003 legte sich jedoch kein einziger von 118 Schwärmen an einen der von ihm genannten Plätze an. Wegen der subjektiven Methode bleibt es allerdings problematisch, die Erfahrung zu verallgemeinern. Im Rahmen unserer Arbeit wurden nur Schwarmanlegeplätze, nicht Nistplätze untersucht. Uns sind Untersuchungen anderer Rutengängern bekannt, die angeblich in der Lage sind bevorzugte Nistplätze zu bestimmen. Es wäre gut der Frage mit verschiedenen Rutengängern in einer Blindstudie nachzugehen.
Aus eigener jahrelanger Erfahrung mit Schwärmen ist mein Eindruck, dass die äußere Anordnung von Gelände und Bewuchs im Verhältnis zum Standort des Muttervolkes und auch einfach der Zufall für den Anlegeplatz eine Rolle spielen. Die Häufung von Schwärmen an bestimmten Stellen könnte durch Duftspuren veranlasst sein, den ein Schwarm hinterlässt. Um die vom Schwarm hinterlassenen Stoffe auf einer sauberen Matrix bestimmen zu können, haben wir in Schwarmtrauben sterile Glasrohre eingeführt, die vom Institut für organische Chemie an der Uni Hamburg untersucht wurden. Wegen fehlender Geldmittel war es leider nicht möglich, diesen Ansatz in angemessener Form weiter zu verfolgen. Andere Fragen wurden in dem Projekt jedoch befriedigend beantwortet.
In der nächsten Ausgabe von „Biene Mensch Natur“ werden wir näher betrachten, wie sich die Bienen in einer Wohnung einrichten, die völlig unmöbliert ist.
Thomas Radetzki