Kleine Kiste großer Erfolg?
An der Fischermühle in Rosenfeld startet das neue Forschungsprojekt „Imkern in 45-Liter-Beuten“.
Fr 29. Mai 2020 von Lydia Wania-Dreher BieneMenschNatur.38, Bienengesundheit, Bienenwohnung, Forschung, Wesensgemäße BienenhaltungWie kann man Bienen möglichst natürlich leben lassen, und trotzdem etwas Honig vom Überfluss der Bienen für sich und die Familie von ihnen „geschenkt“ bekommen? Daran forschen unsere Imker immer wieder. In diesem Jahr startete Mellifera-Imkermeister Norbert Poeplau mit einem neuen Projekt in diese Richtung. Ausgangspunkt ist die Darstellung des Bienenforschers Professor Dr. Thomas D. Seeley zur Nestsuche von wilden Schwärmen, wie er sie in seinem Buch „Bienendemokratie“ beschreibt. Wenn Bienen Wahlfreiheit haben, ziehen sie demnach am liebsten in Kisten mit einem Volumen zwischen 40 und 60 Litern ein. Zusätzlich hat Seeley dokumentiert, dass Bienen in kleineren Kästen eine geringere Varroa- und Virenbelastung haben. Die gängigen Bienenwohnungen mit ihren Brut- und Honigzargen in Deutschland sind in der Regel viel größer.
Von der Fragestellung zur Umsetzung
Imkermeister Norbert Poeplau mit zwei der 45-Liter-Beuten. (Foto: Lydia Wania-Dreher)
Kann es gelingen, Bienen in ihrer relativ kleinen „Wunsch-Wohnung“ mit Rähmchen zu halten und trotzdem – wenn auch nur in eingeschränktem Maß – imkerlich tätig zu werden? Wie reagieren die Bienen? Und wie wirkt sich diese extensive Haltungsweise auf den Varroadruck aus?
Um diese und weitere Fragen zu beantworten, fertigte unser Imker und gelernter Zimmermann, Johannes Poeplau, in den Wintermonaten mehrere Beuten mit einem Brutraum von 45 Litern an. Diese bestehen aus jeweils vier Zentimeter dicken Massivholzwänden und bieten acht Einraumbeuten-Hochwaben Platz. Unten befindet sich ein Boden mit circa zehn Litern. Nach oben ist die Bienenwohnung mit einem Wachstuch bedeckt und mit einer 40 Millimeter dicken Weichfaserplatte gedämmt. „Mit der dickeren Isolierung ist die Futterzehrung im Winter wesentlich geringer“, erklärt Norbert Poeplau. Zusätzlich gibt es einen Honigaufsatz mit circa 14 Litern.
Die Bienen ziehen ein
Im April wurden die neuen Bienenbeuten mit sechs Jung- und sechs Wirtschaftsvölkern besiedelt, um die Reaktion beider Stadien beobachten zu können. Bereits Anfang Mai war zu erkennen, dass die ersten Völker hier sehr schnell in Schwarmstimmung kamen. „Ich vermute, dass jedes dieser Bienenvölker jedes Jahr in Schwarmstimmung kommt“, so der erfahrene Imkermeister. Dadurch käme es zu einer natürlichen Brutunterbrechung während der Schwarmzeit. Poeplau hofft, dass sich bei den Bienenvölkern in den 45-Liter-Beuten der Milbendruck durch dieses natürliche Verhalten so weit reduziert, dass man möglicherweise auf eine Varroabehandlung im Spätsommer mit Ameisensäure verzichten kann.
Ob das wirklich funktioniert, es den Bienen langfristig gut geht und ob auch ältere Königinnen in diesen Kleinbeuten immer noch regelmäßig schwärmen, wird sich erst nach einiger Zeit zeigen. „Nach vier bis fünf Jahren haben wir Aussagen dazu“, sagt Norbert Poeplau zu dem neuen Langzeitprojekt.
Lydia Wania-Dreher