Oxalsäure-Sprühverfahren zur Varroa-Behandlung zugelassen
Anfang des Jahres wurde in Deutschland neben dem Träufeln ein zweites Verfahren zur Bekämpfung der Varroamilbe mit Oxalsäure (OS) zugelassen: das Sprühverfahren. Entwickelt wurde es an der Fischermühle.
Do 15. Juni 2017 von Thomas Radetzki, Johannes Wirz BieneMenschNatur.32, Bienengesundheit, Forschung, VarroaEntwicklung des Sprühverfahrens
Der Verein Mellifera e.V. blickt erfreut auf die Zulassung des Sprühverfahrens. Dessen ehemaliger Vorstand und Gründer, Thomas Radetzki, hat das Verfahren als erster in Europa getestet und optimiert. Christian Rex hatte ihm von einer Anwendung der OS in der ehemaligen Sowjetunion berichtet. Die Pionierarbeit publizierte Radetzki 1994¹ mit dem Titel „Oxalsäure, eine weitere organische Säure zur Varroabehandlung“.
Dabei wurde gezeigt, dass die Sprühbehandlung mit einer wässrigen Oxalsäure-Lösung (Mischungsverhältnis: 30g Oxalsäuredihydrat in einem Liter Wasser entspricht einer OS-Konzentration von 2,1%) bei guter Bienenverträglichkeit den hohen Wirkungsgrad von durchschnittlich 97,3% erreicht. Die Wirkung ist sehr zuverlässig und unterliegt nur minimalen Schwankungen.
In der Untersuchung zeigte auch eine zweite Behandlung zwei Monate später keine erkennbare Schädigung der Völker. Dieser Befund ist wichtig, weil bei einer hohen Milbenbelastung der Völker (>1000 Milben) die Winterbehandlung ohne Probleme wiederholt werden kann.
Versuchsaufbau für die Überprüfung der Arbeitssicherheit der Oxalsäure. (Foto: Klaus Drysch) Nach Voruntersuchungen in der von Mellifera e. V. betriebenen Lehr- und Versuchsimkerimkerei Fischermühle und sorgfältiger Klärung der Arbeitssicherheit durch das Institut für Arbeitsmedizin der Universität Tübingen, wurden die öffentlichen Versuche in Zusammenarbeit mit dem Bezirksimkerverein Balingen durchgeführt. Mit der Nähe zu den Praktikern konnte damals ein Prototyp wissenschaftlichen und praxisnahen Arbeitens realisiert werden.
Rückstandsanalysen zeigten, dass in Honig und Wabenmaterial die Konzentrationen von OS unter der Nachweisgrenze von 25 mg/ Kilogramm lagen.
Das Sprühverfahren wurde unmittelbar nach der Publikation 1994 vom Zentrum für Bienenforschung in Liebefeld (Schweiz) geprüft und seine Wirksamkeit bestätigt². Das Verfahren wurde im Folgejahr in der Schweiz als offiziell zugelassene Behandlung empfohlen.³
Einsatzmöglichkeiten
Die Winterbehandlung sollte möglichst frühzeitig erfolgen, sobald die Völker brutfrei sind. Im Laufe der ersten Woche nach der Behandlung fallen etwa 80 bis 90% der Milben. Wenn mehr als 1.000 Varroen gezählt werden, ist eine Wiederholungsbehandlung empfehlenswert und möglich.
Die Schutzausrüstung bestehend aus Arbeitshandschuhen, Maske und Schutzbrille. Durch Varroa geschädigte Völker neigen dazu, ihre Kraft in ein kontraproduktiv großes Brutnest zu geben, auch im Winter. Falls solch eine Situation im Spätsommer bemerkt wird, ist es empfehlenswert die gesamte verdeckelte Brut zu entfernen und eine Sprühbehandlung zu machen (offene Brut kann belassen werden). Die gute Bienenverträglichkeit zeigt sich auch darin, dass manche Imker bei Sanierungsbedarf im Spätsommer die Brut belassen und fünf Behandlungen im Abstand von jeweils drei Tagen durchführen. Der Arbeitsaufwand ist hoch, aber der Schaden im Vergleich zur Ameisensäure gering. Die Virusinfektionen werden damit natürlich nicht beseitigt; dafür braucht es einen starken Futterstrom und einen Bienenwechsel über zwei Brutsätze.
Schwärme und Ableger, deren alte Brut geschlüpft ist, werden vor der ersten Brutverdeckelung behandelt.
Bienenverträglichkeit & Wirkungsmechanismus
Beim Sprühverfahren wird mit möglichst feinem Sprühnebel gearbeitet. Große Tröpfchen verschlechtern die Bienenverträglichkeit. Bei der von Radetzki empfohlenen geringen Anwendungsmenge von 2-4 ml OS-Lösung pro voll bedeckter Wabenseite wird das Haarkleid der Bienen lediglich fein benetzt. Das Wasser der kleinen Tröpfchen des Aerosols verdunstet sehr schnell und es bleibt nur feiner Oxalsäure-Staub auf der Körperoberfläche zurück. Vermutlich steht deshalb bei dieser Art der Applikation die Kontaktwirkung im Vordergrund. Die Bienen sind es gewohnt, sich von Blütenstaub zu befreien, können also auch die OS Stäube putzen.
Arbeitsablauf
Das Öffnen der Völker in der kalten Jahreszeit stellt eine verständliche Schwelle für viele Imker dar. In der Praxis erweist sich die Maßnahme aber als recht unproblematisch. Der Anfänger sollte es sich am besten zeigen lassen oder kann sich ein Video (s. o.) anschauen.
Waben werden besprüht. Wenn die Bienen schon in der Traube sitzen, werden die Waben nicht wie gewohnt nach oben gezogen, sondern mit einer ruhigen Bewegung zur Seite von der Nachbarwabe getrennt. In Lagerbeuten ist die Behandlung besonders einfach und schnell möglich. Die Bienen können besprüht werden, ohne die Waben zu entnehmen, weil sie ausreichend weit auseinandergezogen werden können. In einräumigen Magazinen empfiehlt es sich, auf der am wenigsten besetzten Seite ein oder zwei Randwaben zu ziehen, um dann nach und nach die Waben zum Besprühen zu entnehmen. Bei zweiräumigen Magazinen wird der obere Raum abgenommen und von unten in die Gassen gesprüht, ohne Waben zu bewegen. Es sitzen dort nur wenige Bienen, die untere Zarge wird, wie für einräumige Völker beschrieben, behandelt.
Ein großer Vorteil des Sprühverfahrens besteht darin, dass man eingangs der Winterruhe seine Völker gesehen hat. Die Art des Wintersitzes sagt sehr viel über den Zustand des Volkes aus. Der Umfang eventueller Varroa-Schäden kann sehr gut abgeschätzt werden. Überschüssige Vorräte können nebenbei in Völker umgehängt werden, die zu wenig Futter haben. Weisellosigkeit wird bemerkt und kann behoben werden. Man schläft danach ruhig bis zum Frühjahr und weiß, was einen erwartet.
Autoren: Thomas Radetzki, Dr. Johannes Wirz
¹ Radetzki, T. (1994): Oxalsäure, eine weitere organische Säure zur Varroabehandlung. ADIZ 12, 11-15
² Imdorf, A. et al. (1995): Wann ist die Oxalsäure als Varroazid geeignet? Schweiz. Bienen-Zeitung 118 (7), 389-391
³ Imdorf, A. und Charrière, D. (1995): Alternative Varroabekämpfung. Schweizerisches Zentrum für Bienenforschung, aktualisiert 2003