Weißenseifener Hängekorb Seminar
Im November 2013 bot Mellifera e. V. im winterlich gestimmten Rosenfeld vier Tage lang ein Dach für ca. 50 Bieneninteressierte aus aller Welt an. Thema des Seminars war der Weißenseifener Hängekorb.
Mo 3. März 2014 von Gastautor*in BieneMenschNatur.26, Bienenwohnung, Kugelbeute, Naturwaben, VeranstaltungBereits in der abendlichen Vorstellungsrunde wurde deutlich wie unterschiedlich und facettenreich der Zugang zum Thema Biene sein kann. Ein großer beheizter Scheunenraum mit Holzfußboden stand uns für die Händearbeit zur Verfügung. In kleinen Gruppen, angeleitet von erfahrenen Flechtern, machten wir uns an unser Vorhaben. Aus losen, goldfarbigen Roggenstrohhalmen sollte eine neue Bienenwohnung entstehen. Im Nu verwandelte sich der Scheunenraum selbst in eine Art Bienenhaus: Stroh wird gekämmt, Peddigband wird eingeweicht, Korbschablonen werden herbeigeschafft – viele Hände bewegen viel!
Während wir fleißig damit beschäftigt waren unsere Fingerfertigkeit zu verbessern, betrat Günther Mancke, der Schöpfer des Weißenseifener Hängekorbes, fast unbemerkt den Raum. Der Mann, der den Bienen “das Runde” zurückgegeben hat. Ein wohlwollendes, ermutigendes Lächeln lag auf seinen Lippen.
Am Nachmittag modellierten wir mit Ton. Günther Mancke stellte uns entsprechende Aufgaben, zum Beispiel der Gebärde einer Schwarmtraube nachzustellen. So wurden wir gedanklich in die Welt der Formsprache eingeführt.
Abends im Seminarraum beschrieb uns Mancke wie er den Weißenseifener Hängekorb entwickelte. Bereits Ferdinand Gerstung sprach „vom Wesen des Bien und seinen Gliedern“. Heutzutage wird der Bien von Prof. Jürgen Tautz und anderen Biologen sogar als Superorganismus bezeichnet. Aber wer ist er eigentlich dieser Bien? Er tritt nur als Bild in Erscheinung und dieses Bild sahen wir einst in der Natur an einem Ast hängend. Mancke erläuterte weiter, dass die Bienen, so sie frei in der Natur auch Waben bauen, dies nach der mathematischen Formel der Kettenlinie tun. Eben diese Kettenlinie finden wir bei jeder gebauten Wabe im Korb wieder. Der Mensch ist abgewichen von der Sinnfälligkeit in der Formgebung, der von ihm geschaffenen Gegenstände. Deren äußere Gestalt und Farbgebung lassen meist nichts über deren Inhalt oder Zweck erkennen, praktische Gesichtspunkte bekommen oft den Vorzug, so auch bei den kubischen Körpern der heutzutage meist verwendeten Bienenstöcke.
Die anwesenden Menschen beim Seminar waren sich einig: der Weißenseifener Hängekorb ist ein schöner Anblick für den Betrachter, aber kann er den zeitgemäßen Anforderungen als Bienenwohnung auch bestehen? Norbert Poeplau, Bienenvater an der Fischermühle, erklärte uns wie ein Schwarm in den Korb einlogiert werden kann. Man brauchte einiges an Erfahrung um den Überblick zu behalten. Alle unermüdlichen Helfer, die ebenfalls schon Bienen im Weißenseifener Hängekorb halten, komplettierten das Gespräch mit ihren Beobachtungen und Fotos der unterschiedlichen Aufstellungs- und Umgangsweisen mit dem Hängekorb.
Vermehrung der Völker, Bienenkrankheiten, die verschiedenen Möglichkeiten der Varroabehandlung, Einfütterung und Völkerführung und Wabenerneuerung waren weitere Themen, die erläutert wurden. Uns wurde klar, dass die Probleme, die Bienen mit Natur und Mensch haben, auch in dieser Form der Haltung weiter existent sind. Der Bien aber darf ein Stück mehr er selbst sein. Durch das Bemühen der anwesenden Menschen hier, rückte er ein Stück näher an ihr Herz. Zum Abschluss der gelungenen Veranstaltung betrachteten wir die ausgestellten fertigen Korbteile an unserer Scheunenwand und jeder einzelne freute sich wohl auf ein neues Bienenfrühjahr mit vorbereitetem leeren Hängekorb.
Johannes Loriz (Seminarteilnehmer, produziert und verkauft Hängekörbe in der Dorfuniversität Dürnau)