20 Jahre Mellifera e.V.
Vor dem Hintergrund eines steten Lebens und Lernens mit hundert bis zweihundert Bienenvölkern sollen im Folgenden nur die besonderen Ereignisse an der Lehr- und Versuchsimkerei Fischermühle hervorgehoben werden. Viele Veranstaltungen im In- und Ausland bleiben unerwähnt und weit mehr Menschen als die genannten haben auf unterschiedlichste Weise mitgewirkt, um die Arbeit zu bewältigen.
Fr 2. Juni 2006 BieneMenschNatur.10, Wesensgemäße Bienenhaltung-
1985
Auf Grund der sich in Deutschland ausbreitenden Varroa-Milbe treffen sich an der Fischermühle wiederholt Imker aus ganz Süddeutschland. Der Verein Gemeinschaft Fischermühle e.V. finanziert für drei Jahre ein Bienenprojekt mit einer Teilzeitstelle für Thomas Radetzki. Wilhelm Nickol stellt seine gesamte Imkerei zur Verfügung, damit die Lehr- und Versuchsimkerei Fischermühle entstehen kann.
-
1986
Am Dreikönigstag, dem 6. Januar, wird die Vereinigung für wesensgemäße Bienenhaltung e.V. gegründet und später umbenannt in Mellifera e.V.. Seither treffen sich die Mitglieder in jedem Winterhalbjahr sechs Mal. Acht der Gründungsmitglieder nehmen bis heute regelmäßig teil. Im ersten Vorstand sind Christian Rex, Vorreiter im Naturwabenbau und bei Schwarmbetriebsweisen, Irmgard Bochroeder und Thomas Radetzki.
In den ersten Jahren lag der Arbeitsschwerpunkt auf der Grundlagenentwicklung für Naturwabenbau und der Völkervermehrung auf Basis des Schwarmtriebes, in der Arbeit mit traditionellen und neu entwickelten Bienenkörben sowie vielfältigen Experimenten aller Art (z.B. Varroa-Veraschungen, unterschiedlichste Ameisensäure-Anwendungsformen, homöopathische Präparate zur Stärkung der Bienen, Überwinterung der Bienen in Erdkellern, Aufstellung auf Hochständen etc.)
-
1988
Erstes Imkerseminar über Fasching mit 120 Teilnehmern.
-
1989
Erste Untersuchungen mit Oxalsäure zur Behandlung der Varroa-Milbe.
-
1990
Die Stiftung Helixor baut ein großes Betriebsgebäude mit Arbeits- und Wohnräumen, mit Büro und Labor für Mellifera e.V.. Die Stiftung hat Mellifera e.V. damit langfristig ein Zuhause an der Fischermühle geschaffen und seither die Bienenarbeit unterstützt.
Michael Reiter kommt als Praktikant, wird Mitarbeiter und bleibt bis 1993.
Erste verbandsübergreifende Arbeitstreffen für die Entwicklung von Richtlinien für ökologische Bienenhaltung. Die Bundesfachgruppe ökologische Bienenhaltung schafft Grundlagen für die spätere Zertifizierung in verschiedenen Öko-Anbauverbänden.
-
1991
Einzug ins Imkereibetriebsgebäude an der Fischermühle.
Gründung der Firma KERINOS Bienenprodukte GmbH durch Christian Dickreiter, Maria Stocker und Thomas Radetzki. Es entsteht ein breites Sortiment an Pflegepräparaten, in denen Wachs, Honig und Propolis der Imkerei Fischermühle verarbeitet wird.
-
1992
Feldversuch zum Oxalsäure-Sprühverfahren in Zusammenarbeit mit dem Bezirksimkerverein Balingen. Publikation der neuen ökologischen Behandlungsmethode der Varroa Milbe mit optimalem Wirkungsgrad und bester Bienenverträglichkeit in der Fachpresse. Die Ergebnisse werden von Praktikern und Instituten in vielen Ländern Europas bestätigt. Die Oxalsäure beginnt damit zu einem der wichtigsten Varroa-Behandlungsmittel zu werden. Weitere Forschungsprojekte mit der Oxalsäure an der Fischermühle bis ins Jahr 2003.
-
1993
Olga Litke kommt als erste Mitarbeiterin für Büro- und Verwaltungsaufgaben bis zum Jahr 1998.
Präsentation wesensgemäßer Bienenhaltung und der KERINOS-Bienenprodukte auf der Internationalen Gartenbau Ausstellung Stuttgart (IGA 93) in Zusammenarbeit mit Jeanette Zippel im Bienenpavillon. Höhepunkt der langjährigen Mitwirkung von Maria Radetzki, die das ganze IGA Projekt in ihre Verantwortung nahm.
Dreimonatige Krankheitspause von Thomas Radetzki infolge derer eine Konzentration auf die Bienenarbeit einsetzt. Die Helixor-Firmengruppe übernimmt die KERINOS Bienenprodukte GmbH.
-
1994
Anerkennung der Imkerei Fischermühle als Ausbildungsbetrieb für Imker.
Errichtung des Kunstwerkes „Der Bien zwischen Himmel und Erde“ vor der Imkerei. Über sieben Jahre gingen Formstudien an der Gestalt des Bienenvolkes in einer Arbeitsgruppe mit Imkern voraus. Der Bildlinien für die Imkerei auf. Die Bundesfachgruppe ökologische Bienenhaltung wird zur Bundesfachgruppe Demeter Bienenhaltung.
Beginn der Mitarbeit von Thomas Radetzki im Prüfungsausschuss des Regierungspräsidiums Stuttgart für die Imker-Gehilfenprüfung.
-
1996
Große Insektentagung in Dornach (CH) in der „Alten Schreinerei“ am Goetheanum, in der Rudolf Steiner 1923 seine Vorträge über die Bienen hielt.
Anschaffung eines LKWs mit Kran, um mit einem Teil der Bienenvölker Wanderimkerei zu betreiben.
-
1997
Vierjähriges Forschungsprojekt zusammen mit verschiedenen Imkern zu Bienenvölkern, die nicht gegen die Varroa-Milbe behandelt wurden.
Gründung des Ausbildungsverbunds wesensgemäße Bienenhaltung, in dem heute die Imkermeister Robert Friedrich, Günter Friedmann, Michael Reiter und Thomas Radetzki jährlich sechs Kurse geben.
-
1998
Marion Völkle übernimmt das Büro von Mellifera e.V und wird „Mädchen für Alles“.
Giuseppe Sicurella beginnt als Praktikant und arbeitet vier Jahre in der Imkerei, deren Außenanlagen er seit 2002 als selbstständiger Landschaftsgärtner und Imker betreut.
-
1999
Nora Müller gründet die Firma Lemniskate, die Wachsauflagen herstellt und den Honig der Imkerei Fischermühle versendet um Mellifera e.V. von dieser Arbeit zu entlasten.
Einstellung der Geschäftstätigkeit der KERINOS Bienenprodukte GmbH.
Markus Bärmann kommt als Praktikant in die Imkerei, macht später die Imkergehilfenprüfung und bleibt mit Unterbrechungen bis 2004.
-
2000
Die Firma Lemniskate übernimmt einige Präparate aus dem Sortiment der KERINOS Bienenprodukte GmbH und führt das Labor in der Imkerei weiter.
In der Imkerei Fischermühle wird ein Forschungsprojekt begonnen, in dem bis zum Jahr 2003 mit frei abfliegenden Schwärmen gearbeitet wird.
Mellifera e.V. führt einen Feldversuch durch an dem sich Imker mehrerer EU-Länder mit 1.400 Bienenvölkern beteiligen. Dabei wird die Verdampfung der Oxalsäure als neues Verfahren der Varroa-Behandlung in umfangreicher Form dokumentiert. Weitere wissenschaftliche Untersuchungen zur Oxalsäure in den Folgejahren.
-
2001
Nach einem sorgfältigen Entwicklungsprozess wird der bisherige Vorstand aufgelöst und Thomas Radetzki als alleiniges Vorstandmitglied die unternehmerische Gesamtverantwortung für die Arbeit von Mellifera e.V. zugesprochen. Zugleich gründet sich der Beirat des Vereins neu, der dem Vorstand beratend zur Seite steht.
Thomas Radetzki wird von den baden-württembergischen Imkern in den Beirat des Vereins der Freunde der Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim e.V. gewählt.
Ostern erscheint die erste Ausgabe von Biene Mensch Natur unter der Redaktionsleitung von Alexander Hassenstein.
T. Radetzki wird in York (GB) Mitglied der „European Working Group for Integrated Varroa Control“ und präsentiert dort in den folgenden Jahren Forschungsergebnisse von Mellifera e.V.. Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft der Institute für Bienenforschung e.V..
Heike Wahl kommt als Praktikantin in die Imkerei und arbeitet zwei lange Jahre an der Fischermühle mit.
-
2002
Erste Tagung für ökologische Bienenhaltung in den USA (Organic Beekeeping Conference) in Zusammenarbeit von Mellifera e.V. und dem Pfeiffer Center in New York.
Beginn eines noch andauernden Forschungsprojektes zur Größe der Wabenzellen.
Gründung der Arbeitsgruppe Einraumbeute. Uwe Bodenschatz baut die neuen Bienenwohnungen für die AG Einraumbeute und gründet einen Imkereibedarfshandel für ökologisch orientierte Imker.
-
2003
Start der Bienenstockkäfer-Kampagne im März, im Zuge derer bis Juni 47.000 Unterschriften gesammelt und in mehreren EU-Ländern Politik und Öffentlichkeit erfolgreich alarmiert werden. Damit wird ein EU-weites Einfuhrverbot für Bienen und eine drastische Reglementierung des Imports von Königinnen im Dezember erreicht.
Beginn der Lobbyarbeit für die Bienen durch Unterstützung der Bundestagsabgeordneten Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD) und Friedrich Ostendorff (Grüne).
Gründung des „Netzwerk Blühende Landschaft“, das unter der Leitung von Utto Baumgartner floriert und nahezu alle Akteure der deutschen Naturschutzbewegung, der ökologischen Anbauverbände und verschiedener Imkerverbände unter einem Dach vereint.
Thomas Gumpp schließt seine Doktorarbeit zur Arbeitssicherheit bei der Anwendung der Oxalsäure-Verdampfung ab.
Studenten der Medienpädagogik der Bundeswehr-Universität München drehen zwei Jahre lang für einen Film über Mellifera e.V..
-
2004
Fortsetzung der Lobbyarbeit mit Gesprächen im Bundestag und im Bundesministerium zur Agro-Gentechnik und zur Situation der Bienenhaltung. Zusammenarbeit mit dem Deutschen Imkerbund, dem Berufsimkerbund sowie den Öko-Anbauverbänden.
Gründung des Stiftungsfonds Bienenpflege unter der Schirmherrschaft von MdB Frau Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin, als Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Ausschusses im Bundestag. Der Stiftungsfond nimmt Vermächtnisse und Schenkungen auf, welche der Bienenarbeit langfristig dienen.
2. Conference for Organic Beekeeping in New York, Vorbereitung und Mitarbeit Thomas Radetzki
Gründung des „Netzwerk Blühende Landschaft“ Luxembourg.
-
2005
Mellifera e.V. kann die Mitarbeit eines zweiten Imkers aus dem regelmäßigen Budget nicht finanzieren. Ein großer Teil der Bienenvölker wird deshalb vorübergehend von Mitgliedern betreut.
Die Bienenstockkäfer-Kampagne deckt den illegalen Import von tausend Königinnen aus Kalifornien nach Deutschland auf und ist über mehrere Monate politisch sehr aktiv.
Das „Netzwerk Blühende Landschaft“ schafft unter der Leitung von Utto Baumgartner den „Blühenden Chiemgau“.
Gründung einer Arbeitsgruppe des „Netzwerk Blühende Landschaft“ in Norddeutschland.
Start der Aktion Bee-Good, bei der um Patenschaften für die Bienen im Rahmen der Ausbildungs- und Forschungsarbeit von Mellifera e.V. geworben wird.
-
2006
Norbert Poeplau kommt als Mitarbeiter an die Fischermühle und übernimmt die Verantwortung für die Lehr- und Versuchsimkerei.
Mellifera e.V. heute
Bienenvölker: 103, Mitglieder: 413, BeeGood-Paten: 1.305
Vorstand:
Imkermeister Thomas Radetzki
Beirat:
Nora Müller (Mutter / Pädagogin), Giuseppe Sicurella (selbstständiger Landschaftsgärtner), Dr. Johannes Wirz (Molekularbiologe), Meinrad Schneider (Lehrer)
Mitarbeiter:
Marion Völkle (Sekretariat, Verwaltung), Bärbel Vosseler (Versand), Thomas Radetzki, Norbert Poeplau (Lehrer / Imker) sowie manche Mitglieder und Freunde.