Herbstanemone
Zweig

Wiesen? Wo es blüht und brummt? Na klar!

Wir präsentieren die Ergebnisse aus fünf Jahren Projekt „Buntes Grünland“.

Fr 23. August 2024 BieneMenschNatur.46
Buntes Grünland: Artenreiche Salbei-Glatthaferwiese mit Blühaspekt von Acker-Witwenblume. (Foto: Holger Loritz)
Buntes Grünland: Artenreiche Salbei-Glatthaferwiese mit Blühaspekt von Acker-Witwenblume. (Foto: Holger Loritz)

Seit langem beobachten wir, wie in den vergangenen Jahrzehnten die Intensivierung der Landwirtschaft mit Überdüngung, Pestizideinsatz, großem Maschineneinsatz und dem Verlust traditioneller Bewirtschaftungsmethoden zu einem Rückgang der Biodiversität führt. Unser Projekt „Buntes Grünland – Wiederherstellung artenreicher Heuwiesen aus Intensiv-Grünland“ bei Leutkirch im Allgäu befasst sich seit 2018 mit Lösungsansätzen für mehr Biodiversität in der Grünlandwirtschaft.

Das Projekt erprobt und entwickelt praktikable und kosteneffiziente Methoden zur Anreicherung der Artenvielfalt in Grünlandflächen. Das Ziel ist ein Praxis-Leitfaden, der landwirtschaftliche Betriebe dazu befähigt, eigenständig blütenreiche Wiesenflächen anzulegen und in ihren Betriebsablauf zu integrieren. Auf der Projektfläche haben wir durch eine Kombination aus extensiver Nutzung und gezielten Anreicherungsmaßnahmen eine blumenreiche Wiese – „wie früher“ – wieder hergestellt. Dabei wurden verschiedene Kombinationen aus unterschiedlich intensiver Bodenbearbeitung (Fräsen, Striegeln) und Aufwertungsvarianten (Einsaat, Mähgutübertragung) getestet. Unser begleitendes wissenschaftliches Langzeit-Monitoring der Vegetation und der beiden Insektengruppen „Tagfalter“ und „Heuschrecken“ beweist den Erfolg der Wiederherstellung.

Entwicklung von Gräsern und Kräutern

Die Ergebnisse zeigen deutlich die erfolgreiche Entwicklung von der verarmten Intensiv-Silagewiese zur artenreichen Mager- bis Fettwiese: Beide Aufwertungsvarianten, sowohl Einsaat als auch Mähgutübertragung (hierbei wird von einer artenreichen Wiese frisches Mähgut mit den Samen verbracht), erwiesen sich als wirksame Methoden zur Wiesenentwicklung. Die Artenvielfalt von Gräsern und Kräutern hat sich in den gestörten Bereichen mit Bodenbearbeitung von durchschnittlich 13 Arten auf über 33 (Einsaat) bzw. 28 Arten (Mähgutübertragung) deutlich mehr als verdoppelt. Hier sind also jährlich vier Arten hinzugekommen. In den ungestörten Bereichen ohne Bodenbearbeitung wandern die Arten etwas langsamer mit etwa drei Arten pro Jahr ein.

Die Vielfalt in diesen Bereichen hat sich seit 2018 genau verdoppelt, wobei die Artenzahl in der Mähgutübertragung schneller als in der Saatgut-Ansaat zugenommen hat. Gleichzeitig haben sich die typischen Arten der vorherigen Intensivwiese stark zurückentwickelt und den anderen Arten, vor allem Kräutern, Platz gemacht: Insbesondere Blumen wie Witwenblume, Wiesen-Pippau, Margerite, Flockenblumen und Lichtnelken blühen nun häufig.

Entwicklung der Gemeinschaft

Bei den Tagfaltern und Heuschrecken ist die Artenvielfalt und die Anzahl der Tiere deutlich gestiegen. Insbesondere die für magere Wiesen typischen Arten stehen im Fokus, aber natürlich auch weit verbreitete Nahrungsgäste haben eine Bedeutung. Die Artenzahl der graslandtypischen Tagfalter hat sich auf der gesamten Fläche von vier auf elf Arten fast verdreifacht und der Anteil der Grasland-Falter an der Tagfalter-Lebensgemeinschaft der Wiese hat sich von rund einem Drittel auf nun zwei Drittel verdoppelt. Die Graslandarten, z. B. Schachbrettfalter, Weißklee-Gelbling und Bläulinge, dominieren damit die Gemeinschaft und sind mit bis zu viermal mehr Tieren vertreten.

Das heißt, man kann nun fast immer Schmetterlinge beobachten, noch 2018 konnte man kaum welche sehen. Bei den Heuschrecken, die etwas weniger mobil und weniger artenreich sind, haben sich zwei für Magerwiesen typische Arten neu angesiedelt, die Feldgrille und die Kleine Goldschrecke. In der Heuschrecken-Lebensgemeinschaft war ebenfalls eine deutliche Verschiebung hin zu den Arten der Magerwiesen zu beobachten: von ursprünglich nur knapp 2 Prozent zu über 31 Prozent der Individuen im Jahr 2023.

Entwicklung der Arten- und Individuenzahl der typischen Tagfalter der mittleren bis mageren Wiesen in der Versuchsfläche „Buntes Grünland“ in Leutkirch-Balterazhofen von 2018 bis 2023.  (Foto: eigene Daten; Luftbild elobau Stiftung/T. Wimmer, 2018) Entwicklung der Arten- und Individuenzahl der typischen Tagfalter der mittleren bis mageren Wiesen in der Versuchsfläche „Buntes Grünland“ in Leutkirch-Balterazhofen von 2018 bis 2023. (Foto: eigene Daten; Luftbild elobau Stiftung/T. Wimmer, 2018)

Landwirtschaftliche Erträge

Die landwirtschaftlichen Heuerträge blieben trotz der seither vermehrt aufgetretenen Trockensommer stabil hoch und von guter Qualität. So haben wir nur geringe Ernteschwankungen von -14 bis +10 Prozent in den vergangenen fünf Jahren beobachtet, dem gegenüber stehen berichtete Ertragsverluste in Intensivwiesen bis über -30 Prozent. Unsere Bewertung ist, dass die Artenvielfalt massiv die Sicherheit der Ernte und die Produktivität der Fläche erhöht hat, z. B. altert kräuterreicher Bestand langsamer und ist länger bei gutem Eiweißgehalt erntefähig. Wir sind der Auffassung, dass jeder landwirtschaftliche Grünland-Betrieb zumindest auf einigen Prozent seiner Flächen artenreiche Heuwiesen als wertvolles Raufutter mit sicheren Erträgen gewinnbringend einsetzen kann.

Gemeinsam mit unseren Projektpartnern elobau Stiftung und Stöckmann-Stiftung setzen wir das Projekt bis Ende 2028 fort und planen weitere Maßnahmen zur Aufwertung der Biodiversität. Denn es zeigt beispielhaft, wie es gelingen kann, wertvolle Lebensräume wiederherzustellen, weshalb wir gerne mit der Unterstützung von Blühpat*innen mehrere solcher beispielgebender Flächen anlegen möchten. Schauen Sie gerne mal an der Wiese in Leutkirch-Balterazhofen vorbei, z. B. beim NBL-Feldtag „Buntes Grünland“ mit öffentlicher Feldführung am 5. Juni 2024.

Weitere Informationen und Details zu den Aufwertungsmaßnahmen und den Ergebnissen des Arten-Monitorings finden sich hier.


Biene sitzend auf Blüte