Blütenpollen – natürliche Kraftpakete für Biene und Mensch
Do 11. Januar 2024 Apitherapie, BieneMenschNatur.45Um sich fortzupflanzen, produzieren Blütenpflanzen Pollen als männliche Keimzellen. Diese entstehen in den Staubgefäßen der Blüten. Wenn die Bienen den ganz unten im Blütenboden gelagerten Nektar aufnehmen, bleiben winzig kleine Pollenkörner an den Haaren der Bienen hängen. Diese werden von den Bienen von Blüte zu Blüte getragen und auf das weibliche Pflanzenorgan, die Narbe, übertragen.
Honigbienen kämmen den Pollen, der aufgrund der elektromagnetischen Aufladung in ihrem dichten Haarkleid hängen bleibt, mit ihren vorderen und mittleren Beinen zu den Hinterbeinen und vermengen ihn zur besseren Haftung mit Speichel und Nektar. So bilden sich die gut erkennbaren Pollenhöschen. Für 20 Milligramm Pollen, die eine Biene pro Sammelflug eintragen kann, sind etwa 80 Blütenbesuche nötig. Ein Gramm Pollen, der von den Bienen gesammelt wurde, kann dabei bis zu 300.000 Pollenkörner umfassen.
Welche Rolle spielen Pollen für die Bienen?
Während der zuckerhaltige Nektar die Honigbienen mit Kohlenhydraten versorgt und die Funktion von „Heizöl“ und „Flugbenzin“ übernimmt, sind die proteinhaltigen Blütenpollen das Powerfood für die Bienen, welches sie insbesondere für die Aufzucht ihrer Larven nutzen. Da frischer Pollen sehr schnell verdirbt, wird er von den Bienen mit Speichel und etwas Honig vermischt und dadurch fermentiert. Dieser auf diese Weise haltbar gemachte Pollen wird als „Bienenbrot“ oder „Perga“ bezeichnet. Nachdem die Bienen ihn in den Zellen eingelagert haben, wird die volle Zelle noch mit einer dünnen Schicht Propolis überzogen.
Nur mit den hochwertigen Proteinen, Aminosäuren, Mineralien und weiteren Spurenelementen des Pollens sind die Ammenbienen in der Lage, den Futtersaft zu produzieren, der für die Versorgung der Königin und die Fütterung der Larven nötig ist. Eine gute Pollenversorgung ist daher für den Fortbestand eines Bienenvolkes essenziell. Pro Jahr benötigt ein Volk rund 30 Kilogramm Pollen. Dafür sind weit mehr als 1,5 Millionen Sammelflüge nötig.
Auch bei Wildbienen dient der Pollen vor allem als Eiweißquelle für den Nachwuchs. Während die männlichen Wildbienen sich hauptsächlich von Blütennektar ernähren, sammeln weibliche Wildbienen Pollen, um Nahrungsvorräte im Nest anzulegen. Etwa 32 Prozent der in Deutschland heimischen Wildbienenarten sind dabei auf den Pollen einer bestimmten Pflanzenart, einer Pflanzengattung oder -familie spezialisiert. Wenn diese speziellen Blüten in ihrem Flugradius fehlen, weichen diese Wildbienenarten nicht auf andere Pollenquellen aus.
Diese als „Oligolektie“ bezeichnete Spezialisierung bezieht sich dabei interessanterweise ausschließlich auf den Blütenpollen. Die Natternkopf-Mauerbiene (osmia adunca) ist zum Beispiel auf Arten der Gattung Echium (Natterkopf) als Pollenquelle spezialisiert.
Sowohl für Honig- als auch für Wildbienen gilt, dass es sich negativ auf ihre Gesundheit auswirkt, wenn die Verfügbarkeit von Blütenpollen in der Landschaft abnimmt. So beginnen streng oligolektische Wildbienenarten erst dann mit dem Nestbau, wenn ihre spezifische Pollenquelle zu blühen begonnen hat. Kommt genau diese Pflanze im Flugradius der Wildbiene nicht mehr vor, wird auch kein neues Brutnest angelegt.
Wie werden Pollen gewonnen?
In der Imkerei Fischermühle wird Pollen geerntet, indem vor dem Flugloch ein engmaschiges Gitter gespannt wird, das als Pollenbrett oder Pollenfalle bezeichnet wird. Um in den Bienenstock hineinzukommen, muss die Biene durch ein Maschengitter oder Lochblech klettern. Dabei wird der Pollen abgestreift, der durch ein weiteres Gitter in eine Lade fällt. Da frischer Pollen einen Wassergehalt von 35 Prozent hat, schimmelt er sehr schnell. Daher muss er täglich entnommen werden.
In der Imkerei Fischermühle wird Pollen in den Monaten Mai bis Juli bei ausgewählten Völkern geerntet. Imkermeister Norbert Poeplau betont, dass die Pollengitter so konzipiert sind, dass die Bienen nicht den kompletten Pollen verlieren. Meist schicken die Völker mit Pollenfallen mehr Sammelbienen aus, um Pollen zu sammeln. Zudem wird die Falle nicht länger als drei Tage am Stück eingesetzt, sodass eine ausreichende Pollenversorgung für das Bienenvolk gewährleistet ist. Da die Natur in dieser Zeit Pollen im Überschuss produziert, können wir Menschen an dieser Fülle teilhaben und das Geschenk eines hochwertigen Nahrungs- und Heilmittels genießen.
Pollen sind ein regelrechtes Superfood – und dadurch auch ganz besonders wertvoll. (Foto: Nick Leukhardt)
Was ist drin im Pollen?
Hauptbestandteil von Pollen sind Kohlenhydrate, Proteine und Fette. So enthält Blütenpollen bis zu 40 Prozent Proteine, die 14 verschiedene Arten von essenziellen Aminosäuren enthalten. Diese Eiweißbausteine kann unser Körper nicht selbst produzieren, benötigt sie aber zwingend für den Aufbau gesunder Zellen. Darüber hinaus ist Pollen reich an Vitaminen, wie zum Beispiel an Provitamin A, Vitamin D sowie an Vitamin B12. In Pollen stecken auch eine große Anzahl von Mineralien und sekundären Pflanzenstoffen wie z. B. Flavonoiden. Da all diese Spurenelemente im Pollen in einer besonders bioverfügbaren Form vorliegen, können sie von unserem Körper besonders gut aufgenommen und verstoffwechselt werden.
In der Apitherapie werden Pollen bei allgemeiner Leistungsschwäche, Stress, Appetitlosigkeit, Leberleiden, Prostataerkrankungen und Potenzschwäche sowie bei Wechseljahresbeschwerden eingesetzt. Auch bei depressiven Verstimmungen und weiteren psycho-vegetativen Störungen werden Blütenpollen heilsame Wirkungen nachgesagt. In ihrem Buch „Heilkraft aus dem Bienenstock“ schreiben dazu die Autor*innen Almut Tobis und Norbert Poeplau: „Offenbar vermag es die von den Bienen eingeholte Fülle an Blütenpracht, Licht und Wärme, die Seele des Menschen zu erhellen.“
Bereits im Jahr 2009 machte der portugiesische Apitherapeut Antonio Couto den Selbstversuch, sechs Monate lang nicht viel mehr außer Blütenpollen und hin und wieder etwas Obst und Gemüse zu essen. Seine Tagesration von 250 Gramm frischen Cistus-Pollen löste er in Jogurt, Kefir oder Obstsäften auf und fügte pro Tag einen Löffel Honig und zwei Gramm Gelee Royal hinzu. Während der Diät ließ sich Couto immer wieder seinen Gesundheitszustand von seinem Hausarzt überprüfen. Dieser stellte fest, dass er innerhalb der sechs Monate insgesamt sechs Kilogramm Gewicht verloren hatte. Negative Auffälligkeiten konnte er keine feststellen. Couto fühlte sich nach eigenen Angaben während seiner Diät sehr energiegeladen.
Verzehrempfehlung und Warnhinweis
Da die einzelnen Pollenkörner eine sehr harte Außenwand haben, ist es ratsam, sie vor dem Verzehr einzuweichen. Besonders gut eignen sich dafür Jogurt oder andere Sauermilcherzeugnisse, aber auch Honig. Es ist ratsam, mit einer kleinen Menge Pollen pro Tag (ca. ½ Teelöffel) zu starten und diese Dosis langsam auf circa einen Esslöffel pro Tag zu steigern.
Bei Heuschnupfen oder anderen Formen von Allergien können mitunter schwere allergische Reaktionen auftreten, wenn man den Pollen pur zu sich nimmt. Die Einnahme sollte bei bekannter Allergie nicht erfolgen beziehungsweise nur unter therapeutischer Begleitung.
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