Herbstanemone
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Die Heilkraft des Honigs

Über Manuka, heimischen Honig und das “Betriebsklima der Bienen”: Detlef Mix, Heilpraktiker und Apitherapeut, beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Heilkraft des Honigs und erläutert in diesem Gastbeitrag einige seine Erkenntnisse.

Fr 24. Januar 2020 Apitherapie, BieneMenschNatur.37, Honig
Honig schmeckt lecker und tut gut. (Foto: Mellifera e. V.)
Honig schmeckt lecker und tut gut. (Foto: Mellifera e. V.)

Im Jahr 2006 erschien mein Buch „Die Heilkraft des Honigs“, das bislang in verschiedenen Versionen weit über 100.000 mal verkauft wurde. Darin beschreibe ich die Charakteristika von 28 Sortenhonigen und ihre medizinische Verwendbarkeit. Ein besonderes Kapitel ist darin dem neuseeländischen Manuka-Honig gewidmet, denn Kliniken setzen in der Regel Medizinprodukte auf Manukabasis ein.

Schon bevor mein Buch „Manuka-Honig – Ein Naturprodukt mit außergewöhnlicher Heilkraft“ 2014 erschien, wurde ich meistens mit Manuka in Verbindung gebracht. Bei vielen Kollegen im Deutschen Apitherapiebund ist dieser sündhaft teure Honig vom anderen Ende der Welt ein absolutes Reizthema. Sie sind der Meinung, dass unser einheimischer Honig in jeder Hinsicht genauso geeignet sei. Deutsche oder europäische Honige sind auf jeden Fall sehr wertvoll. Ich schätze sie fast alle und bin froh, wenn ich zwischen den Honigfronten vermitteln kann.

Wer sich wirklich mit Honig auskennt

In arabischen, asiatischen und osteuropäischen Ländern sowie in Großbritannien wird schon seit vielen Jahren intensiv die therapeutische Anwendung von Honig erforscht. Dass Mellifera e. V. nun auf diesem Gebiet hier im Ländle Pionierarbeit leistet, finde ich äußerst erfreulich und lobenswert. Die wahren Honigexperten, das sind nicht irgendwelche Forscher an renommierten Instituten oder gar ein Heiltheoretiker wie ich, auch wenn manche Leute mich den Honeyman nennen. Die, die sich wirklich mit Honig auskennen, das sind die Bienen. Sie sammeln nicht nur das Rohmaterial, Blütennektar oder Honigtau, und sorgen anschließend dafür, dass daraus tatsächlich Honig entsteht, sie fügen der süßen Ausgangsflüssigkeit exakt die Menge an Enzymen hinzu, die für die Entwicklung und Haltbarkeit des Endproduktes notwendig ist.

Honig im Schnee (Foto: Mellifera e. V.) Honig im Schnee (Foto: Mellifera e. V.) Wenn es um die antibakterielle Wirkung von Honigen geht, so steuern die Bienen in den meisten Fällen den größten Anteil dazu bei, wie es auch der Schweizer Bienenforscher Stefan Bogdanov in einer Vergleichsuntersuchung verschiedener Honige feststellte. Bogdanov bemerkte, dass selbst der Honig, den die Bienen aus bloßem Zuckerwasser herstellten, nur geringfügig schwächer ausfiel.

Die Erkenntnis, dass Bienenprodukte wie Propolis und Honig selektiv antibiotisch wirken, war für mich lange kaum zu begreifen. Wie sollen solche Stoffe zwischen Freund und Feind unterscheiden können? Dem slowakischen Mikrobiologin Sona Dubna gelang es, über 20 verschiedene Stämme von Lactobazillen in Bienen und Bienenstöcken nachzuweisen, die dort in friedlicher Koexistenz leben. Bienen schonen nicht nur ihre Symbionten, sie fördern sie regelrecht.

Das Gleiche trifft ebenfalls auf ihre Erzeugnisse zu. Honig eliminiert pathogene Keime konsequent, stärkt jedoch die Position der nützlichen physiologischen Flora. Da können wir noch viel von den weisen Immen lernen, besonders wenn wir entscheiden müssen, ob wir bereit sind, das Leben unserer Verbündeten im „friendly fire“ von schweren Breitband-Antibiotika-Geschützen zu opfern.

Heilen mit Honig in der Vergangenheit

Für die Verwendung von „normalem“ Honig anstelle von Manuka-Honig spricht auf jeden Fall die Tatsache, dass dieser bereits vor der Entdeckung des neuseeländischen Ausnahmetalents erfolgreich eingesetzt wurde. Die Honig-Lebertran-Mischung, mit der in den Feldlazaretten des 1. Weltkriegs schwerste Verletzungen und Amputationen versorgt wurden, enthielt wohl kaum Manuka-Honig. Auch der Wiesbadener Arzt Dr. Schacht, über den Dr. Bodog Beck 1938 in seinem Buch „Honey and Your Health“ schrieb, dass dieser hoffnungslose Fälle von Magen- und Darmgeschwüren mit Honig und ohne Operation geheilt hätte, benutzte dazu wahrscheinlich eher hessischen Honig. Dr. Bernard Descotte, leitender Arzt und Chirurg aus Limoges, verließ sich gern auf regionalen Honig, vorzugsweise Thymianhonig, um selbst große Wunden damit zu versorgen.

Da ich gefragt wurde, ob ich spezielle Vorzüge bei der Verwendung von Honig aus wesensgemäßer Bienenhaltung sehen würde, kann ich nur sagen, dass ich es ähnlich sehe wie einige fortschrittliche Arbeitgeber, die erkannt haben, dass ihre Beschäftigten besser arbeiten, wenn sie sich rundum wohl fühlen. Ein angenehmes Betriebsklima trägt sicher zu einer höheren Produktqualität bei. Honig, der von gesunden, ungestressten Bienen erzeugt wurde, muss einfach hochwertiger ausfallen als solcher, der von pestizidgeschwächten Hochleistungsbienen stammt.

Was die Qualitätskriterien für geeigneten Honig aus apitherapeutischer Sicht betrifft, so sind diese vom Apitherapiebund schon relativ streng festgesetzt. Die strikte Einhaltung der Honigverordnung reicht da noch nicht. Imkern nach biologischen Standards ist eine Grundvoraussetzung. Bienenbändiger, die ihre Wirtschaftsweise den Bedürfnissen der Bienen anpassen und nicht die Lebensumstände ihrer Nutztiere den eigenen wirtschaftlichen Interessen unterwerfen, wären sicher die idealen Lieferanten wirkungsvoller Apitherapiemittel.

Prinzipiell lässt sich jeder Honig analog zum phytotherapeutischen Einsatzgebiet seines floralen Ursprungs benutzen. Thymianhonig bei Husten, Lavendelhonig zur Entspannung, Weißdornhonig zur Herzstärkung, Sonnenblumen- und Lindenhonig bei Erkältung und Grippe und, und, und. Heimischer und vor allem Honig, der durch sanften Umgang mit den Bienen gewonnen wurde, lässt sich vielseitig im Dienste unserer Gesundheit einsetzen. Manchmal muss man es einfach ausprobieren, denn nur die selbst gemachten Erfahrungen bringen uns letztendlich weiter.

Detlef Mix, Heilpraktiker und Apitherapeut
Sein Buch „Heilkraft des Honigs“ gibt es in unserem Shop.

Alle genannten Inhalte ersetzen im Beschwerdefall nicht die diagnostische ärztliche Abklärung bzw. den fachkundigen therapeutischen Rat. Die juristische Haftung des Autors und von Mellifera e. V. sind in jedem Fall ausgeschlossen.

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Biene sitzend auf Blüte