Eine Beute entsteht
Zu Besuch in der Schreinerei der Lebensgemeinschaft Bingenheim
Do 23. Mai 2019 BieneMenschNatur.36, Bienenwohnung„Ach, Ihr seid das, die so viele Einraumbeuten bestellen“, ruft mir Axel lachend entgegen, als ich die Schreinerei der Lebensgemeinschaft Bingenheim betrete. Seit 2014 werden unsere Einraumbeuten in Bingenheim hergestellt, höchste Zeit also, dass wir uns persönlich kennenlernen.
30 Menschen arbeiten in der Schreinerei. (Foto: Mellifera e. V.)
Die Lebensgemeinschaft Bingenheim ist ein Lebensort für Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Sie unterstützt diese Menschen bei ihrer individuellen Entwicklung. Rund 150 Kinder, Jugendliche und Erwachsene leben, lernen und arbeiten hier. Inhaltliche und methodische Grundlage der Arbeit ist die Anthroposophie Rudolf Steiners mit ihrem Erkenntnisweg, ihrem Menschenbild und ihrer Anschauung von Lebens- und Schicksalsgestaltung. Neben einem Kindergarten, einer Förderschule, Therapie- und Wohnmöglichkeiten gibt es in Bingenheim verschiedene Werkstätten, unter anderem eine Weberei, eine Töpferei, eine Kerzenwerkstatt und natürlich die Schreinerei. Durch die differenzierten Arbeitsangebote kann auf die individuellen Kompetenzen und Bedürfnisse der Beschäftigten eingegangen werden.
In der Schreinerei arbeiten ca. 30 Mitarbeiter. An diesem Montagvormittag herrscht eifriges Treiben in den wunderbar duftenden Hallen. Das neu angelieferte Holz wird von Tobias und Joav an der Kappsäge abgelängt. Anschließend wird es von Svenja und Marina abgerichtet und auf Dicke gehobelt, um dann von Thomas, Jonas und Moritz an der Kreissäge zu Leisten geschnitten zu werden.
Katharina an der Leimpresse. (Foto: Mellifera e. V.) In einem nächsten Schritt werden die fertigen Leisten von Katharina verleimt. Sie arbeitet bereits seit vielen Jahren in der Schreinerei und ist ein echter Profi an der Leimpresse. „Man darf nicht zu viel und nicht zu wenig Leim verwenden. Und richtig rum müssen sie auch noch sein“, klärt Katharina mich auf. Nach 50 Minuten in der Presse lässt sich unsere Einraumbeute so langsam erahnen. Die geschliffenen Flächen bekommen jetzt noch Flug- und Lüftungslöcher, verschiedene Fälze, Bohrungen und einiges mehr, dann kann Katja die fertigen Teile verschrauben. „Das ist noch echte Handarbeit hier“, erklärt sie stolz, „An guten Tagen schaffe ich ca. zwölf Beuten, aber wir wechseln uns ab, damit es nicht langweilig wird.“ Ist alles fertig montiert, übernimmt Marcella die letzten Handgriffe; Fluglochstopfen und Deckelsicherung werden befestigt. „Mir macht die Arbeit viel Spaß, denn ich mag Bienen“, erzählt sie mir.
Sebastian Deutloff-Erben, seit über 20 Jahren Gruppenleiter in der Schreinerei: „Das Schöne an der Produktion der Einraumbeute ist, dass sie so vielfältig ist. Für jeden Beschäftigten mit seinen individuellen Fähigkeiten und Wünschen ist eine Tätigkeit dabei. Außerdem ist es wichtig, dass wir hier etwas schaffen, was Andere brauchen.“
Nach diesem Tag fahre ich beschwingt nach Hause. Ich bin beeindruckt; so viele einzigartige Menschen erschaffen unsere Einraumbeute, in der es einmal genauso laut summen und brummen wird wie hier in der Schreinerei.
Sarah Bude