Herbstanemone
Zweig

Lassen Sie es blühen!

Nun geht es endlich los. Seit diesem Frühjahr bietet das Netzwerk Blühende Landschaft (NBL) Blühpatenschaften an. Unter dem Motto „Lassen Sie es blühen“ können nun auch Menschen ohne Garten oder Balkon ihre eigene Blühfläche anlegen lassen und somit für eine blühende Landschaft sorgen. Neben unseren umfangreichen Handlungsempfehlungen in Text und Vortrag und den tollen inspirierenden Beispielen unserer Mitglieder, Regionalgruppen und Partner lassen wir es nun mit der Unterstützung vieler engagierter Bürgerinnen, Bürger und Firmen deutschlandweit blühen.

Di 20. Juni 2017 BieneMenschNatur.32
Nicht nur Bienen und andere blütenbestäubende Insekten freuen sich über eine blühende Landschaft. (Foto: Marcella Knaack)
Nicht nur Bienen und andere blütenbestäubende Insekten freuen sich über eine blühende Landschaft. (Foto: Marcella Knaack)

Blühstreifen sind ein erster Schritt, denn sie bieten nur Ersatz-Lebensräume in der Agrarlandschaft. Deshalb hat für das NBL die Förderung dauerhafter Lebensräume Priorität. (Foto: Gunter Klössinger) Blühstreifen sind ein erster Schritt, denn sie bieten nur Ersatz-Lebensräume in der Agrarlandschaft. Deshalb hat für das NBL die Förderung dauerhafter Lebensräume Priorität. (Foto: Gunter Klössinger) Seit das Netzwerk Blühende Landschaft (NBL) vor 14 Jahren gegründet wurde, hat sich vieles bewegt. Jedoch sind von unserem Wunschbild einer blühenden Landschaft mit bunten Wiesen, blühenden Hecken und Waldrändern, mageren und kräuterreichen Säumen und Rainen, vielfältiger Fruchtfolge und manchem Ackerwildkraut-Kleinod auf Äckern bisher nur kleine Teile sichtbar. Die übergeordneten, seit mehreren Jahrzehnten laufenden massiven Veränderungen in unseren Kulturlandschaften – einerseits die Industrialisierung der Landwirtschaft und andererseits der Rückzug extensiver Bewirtschaftungsformen von weniger produktiven Standorten – lassen sich nicht einfach aufhalten. Dabei werden die bereits länger bekannten Probleme in der Landwirtschaft von Jahr zu Jahr sichtbarer – inzwischen drängen sie sogar auf die Zeitungstitel und in die Tagesschau: Verlust der Biodiversität und insbesondere der Blütenbesucher, Grundwasserverschmutzung, Bodenabbau und –verlust, Herausforderung Klimawandel sowie das Höfesterben mit seiner sozialen Dimension in den ländlichen Räumen – um nur die wichtigsten Punkte aufzuführen. Eine Agrarwende ist dringend notwendig! Wir dürfen mit unseren Lebensgrundlagen so nicht weiter umgehen!

Die Umstellung von fast 0 (in Deutschland lag der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Fläche 2015 bei 6,5% (Quelle: BMEL)) auf 100% ökologischere Bewirtschaftung, wie auch immer diese aussieht, ist aufgrund der vielen Interessen und Meinungen schwierig und vieles wird sich nicht durch Revolution, sondern durch Evolution ändern. Das Wissen, wie eine solche Bewirtschaftung aussehen kann, ist vorhanden. Doch die handelnden Menschen werden kaum erreicht. Deshalb geht das NBL u.a. mit dem Projekt BienenBlütenReich voran. Eine der einfachsten Maßnahmen sind temporäre Blühstreifen auf Ackerflächen, die ein bis drei Jahre bestehen können. Wir wollen Landwirte, Flächeneigentümer und Bürger für die Anlage von Blühstreifen sowie extensiv genutzter Lebensräume und Landschaftselemente sensibilisieren und gewinnen. Die Blühpaten sind durch ihren Beitrag Teil dieses bundesweiten Blütennetzes, sie ermöglichen die Anlage und Betreuung der Flächen durch das NBL.

Eine Agrarwende ist dringend notwendig! Wir dürfen mit unseren Lebensgrundlagen so nicht weiter umgehen! (Foto: Mora Knöpfler) Eine Agrarwende ist dringend notwendig! Wir dürfen mit unseren Lebensgrundlagen so nicht weiter umgehen! (Foto: Mora Knöpfler)

Blühstreifen bieten willkommene Oasen für Blütenbesucher und andere Tiere der Feldflur, z.B. Vögeln wie dem selten gewordenen Rebhuhn. Blühstreifen fördern damit direkt die Biodiversität. Weitere positive Effekte, darunter wirtschaftliche und ökologische, sind dokumentiert, wie uns Matthias Tschumi berichtet. Er und Kollegen haben umfangreiche Studien zu Blühstreifen und Nützlingen im Ackerbau durchgeführt und verdeutlichen damit, wie eine ertragreiche Landwirtschaft ohne Pestizide funktionieren kann. Mit Blühflächen kann sich zudem der Boden erholen. Es wird durch den Aufbau von neuem Humus Kohlenstoff und durch blühende Leguminosen Stickstoff aus der Luft gebunden, beides regeneriert die natürliche Bodenfruchtbarkeit. Blühflächen sind außerdem auch einfach schön anzuschauen und erfreuen unsere Herzen, wenn es flattert, gaukelt, summt und brummt.

Nur mit angelegten Blühstreifen ist es jedoch nicht getan. Sie sind ein erster Schritt, denn sie bieten nur Ersatz-Lebensräume in der Agrarlandschaft. Deshalb hat für das NBL die Förderung dauerhafter Lebensräume, wie extensiv bewirtschafteter Wiesen und Weiden, Feldhecken und Feldgehölze, Raine und Wegsäume sowie extensiver Ackerrandstreifen Priorität. Unsere Vision ist, dass es bald in jedem Landkreis Deutschlands Beispiel-Blühflächen des BienenBlütenReich gibt, damit sich alle ohne lange Anfahrt zum Know-How und 1X1 der Blühflächen informieren können. Diese Flächen sollen die Keimzellen einer neuen regionalen Partnerschaft zwischen engagierten Bürgern und Landwirten sein, bei der die Bürger durch ihre Patenschaften ihre Landwirte vor Ort auf dem Weg zu einer blütenreichen und ökologischen Bewirtschaftung finanziell und sozial unterstützend begleiten. Denn die Agrarwende wird nur mit einer neubegründeten Partnerschaft auf Augenhöhe gelingen!

Holger Loritz, Netzwerk Blühende Landschaft


Biene sitzend auf Blüte