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Drei Wildbienen und ihre Leibspeisen

Die Auen-Schenkelbiene, die Garten-Wollbiene und die Glockenblumen-Scherenbienen sind ganz besondere Feinschmecker. Um sie glücklich zu machen, sollte man ganz gezielt Pflanzen setzen.

Fr 28. August 2020 BieneMenschNatur.38, Bienenkunde, wildlebende Bienen
Eine Auen-Schenkelbiene (Weibchen) auf einem Gilbweiderich. (Foto: Anja Eder)
Eine Auen-Schenkelbiene (Weibchen) auf einem Gilbweiderich. (Foto: Anja Eder)

Wissen Sie was eine oligolektische Wildbiene ist? Etwa 32 Prozent der in Deutschland lebenden Wildbienenarten haben eine ganz spezielle Beziehung zu unseren heimischen Blühpflanzen. Sie leben in Abhängigkeit zu einer Pflanzenart, einer Pflanzengattung oder einer Pflanzenfamilie. Ihr Dasein hängt also davon ab, ob sie die Blühpflanzen ihrer Wahl nach dem Schlupf vorfinden oder nicht. Gehört sie beispielsweise zu der Gruppe der streng spezialisierten (streng oligolektischen) Wildbienenarten, muss sie die eine Nahrungspflanze, die ihr „zugewiesen“ ist, finden. Findet sie diese nicht, verhungert sie.

Flexibler bezüglich des vorhandenen Nahrungsangebots sind polylektische – also nicht spezialisierte Wildbienenarten. Ihre Flugzeit ist unabhängig von der Blühdauer bestimmter genutzter Pflanzen, ihre Lebenszeit ist im Vergleich zu spezialisierten Wildbienen deutlich länger. Daraus folgernd haben sie höhere Überlebenschancen, denn ihr Nahrungsangebot ist umfangreicher und zeitlich nicht so eng begrenzt.

Sie fragen sich jetzt vielleicht, warum Sie der Speiseplan einer Wildbiene überhaupt interessieren sollte. Ganz einfach: Weil Sie mit einem optimalen Blütenangebot in Ihrem Garten dafür sorgen können, dass gefährdete oder blütenspezialisierte Wildbienenarten wieder die Nahrung finden, die sie dringend benötigen. Denn unsere Gärten haben das Potenzial, pollen- und nektarreiche Oasen zu werden. Im Idealfall liefert unsere wunderschöne heimische Flora ein umfangreiches Nahrungsangebot für unsere tierischen Gartenbesucher. Nicht nur viele Wildbienenarten sind Blütenspezialisten, ebenso sind viele Schmetterlingsarten oder Insekten auf ein heimisches Blütenangebot angewiesen. Deshalb spielen Wildpflanzen eine wichtige Rolle in unserem Ökosystem. Sie bieten unterschiedlichsten Tierarten einen Lebensraum und sind deutlich widerstandsfähiger als nicht heimische Kulturpflanzen.

Ich stelle Ihnen drei Feinschmecker unter den Wildbienen und ihre Leibspeisen vor.

Die Auen-Schenkelbiene (Macropis europaea)

Zwei männliche Auen-Schenkelbienen an Gilbweiderich. (Foto: Anja Eder) Zwei männliche Auen-Schenkelbienen an Gilbweiderich. (Foto: Anja Eder) Die Auen-Schenkelbiene (Wildbiene des Jahres 2020) ist auf den Gewöhnlichen Gilbweiderich angewiesen – eine der wenigen heimischen Ölblumen – diese produzieren anstelle von Nektar Öl. Die Bienen sammeln zur Versorgung ihrer Brut das Öl der Pflanze mithilfe von Saugpolstern an ihren Mittelbeinen, vermischen den Pollen und das Öl zu einer klumpigen Masse und transportieren das Gemisch mit ihren großen Hinterschenkelbürsten in ihr Nest. Da der Gilbweiderich keinen Nektar liefert, muss die Schenkelbiene zur eigenen Ernährung auf andere Pflanzen ausweichen. Hier bevorzugt sie den Blutweiderich, den Sumpf-Storchschnabel, die Acker-Kratzdistel und die Sumpf-Kratzdistel.

Tipp: Kombinieren Sie die zuvor genannten Stauden an Ihrem Gartenteich oder an anderen feuchten Standorten in Ihrem Garten. Das sieht nicht nur wunderschön aus, Sie schaffen damit auch einen wichtigen Lebensraum für diese Wildbienenart. Beobachten konnte ich die Auen-Schenkelbiene an einem kleinen Bachlauf in den Vogesen. Die kleine Parkanlage nahe der Ortschaft wurde ausschließlich mit genau diesen Pflanzen bestückt. Hier war sicher ein Wildbienenkenner am Werk – mit Erfolg, wie es das Foto dokumentiert.

Die Pflanzenwahl der Auen-Schenkelbiene

Sumpf-Storchschnabel, Gewöhnlicher Gilbweiderich, Punktierter Gilbweiderich, Gewöhnlicher Blutweiderich, Sumpf-Kratzdistel und Acker-Kratzdistel.

Die Garten-Wollbiene (Anthidium manicatum)

Die Garten-Wollbiene – links das Männchen und rechts das Weibchen. (Foto: Anja Eder) Die Garten-Wollbiene – links das Männchen und rechts das Weibchen. (Foto: Anja Eder) In Deutschland gibt es neun verschiedene Harz- und Wollbienenarten. Einige von ihnen, wie die hier abgebildete Garten-Wollbiene, verwenden zum Bau ihrer Brutzellen Pflanzenwolle. In Form kleiner Kügelchen wird die Wolle zum Nest geflogen und anschließend mit pflanzlichen Drüsensekreten imprägniert, so wird die Brut vor Pilzbefall geschützt. Um Pflanzenwolle zu sammeln, besucht sie gerne pelzige Pflanzen wie Wollziest, Kronenlichtnelke, Salbei, Königskerze oder den Wolligen Fingerhut. Findet sie in Ihrem Garten was sie sucht, werden Sie ihr auffälliges Verhalten beobachten können, denn die Männchen reagieren recht angriffslustig auf männliche Konkurrenz, ebenso drastisch abweisend auf Futterkonkurrenten.

Die Pflanzenwahl der (eingeschränkt spezialisierten) Garten-Wollbiene

Fingerhut, Gamander Arten, Geißraute, Hauhechel Arten, Herzgespann, Hornklee, Kronwicke, Leinkraut, Löwenmaul Arten, Luzerne, Muskateller-Salbei, Schwarznessel, Ziest Arten und Zitronen-Melisse.

Die Glockenblumen-Scherenbiene (Osmia (Chelostoma) rapunculi)

Eine Glockenblumen-Scherenbiene (Weibchen) an einer Polsterglockenblume. (Foto: Anja Eder) Eine Glockenblumen-Scherenbiene (Weibchen) an einer Polsterglockenblume. (Foto: Anja Eder) Ihre Lieblingspflanzen sind die Glockenblumen. Von dreißig heimischen Glockenblumenarten fliegt sie nur zehn auserwählte Arten an, um Pollen und Nektar zu sammeln. So zählt die 8 bis 10 Millimeter kleine Scherenbiene ebenfalls zu der Gruppe der streng spezialisierten Wildbienen. Ihr Lebensraum sind Waldränder, Streuobstwiesen, Gärten und Parkanlagen. Hier ist sie neben dem speziellen Blütenangebot auf abgestorbene Stämme und Äste angewiesen, da sie ihre Brut in vorhandenen Hohlräumen im Totholz unterbringt. Künstliche Nisthilfen werden von ihr ebenfalls angenommen.

Tipp: Die meisten Glockenblumenarten mögen schattige Gärten. Zum Beispiel die Pfirsichblättrige- oder Hängepolster-Glockenblume. Diese blühen so zahlreich und ausdauernd, dass sie viele verschiedene Wildbienenarten anlocken. Mindestens zehn weitere Wildbienenarten sind übrigens ebenfalls auf Glockenblumen spezialisiert.

Die Pflanzenwahl der Glockenblumen-Scherenbiene

Pfirsichblättrige Glockenblume, Rundblättrige Glockenblume, Nesselblättrige Glockenblume, Knäuel-Glockenblume, Stern-Glockenblume, Polster-Glockenblume, Borstige Glockenblume, Grasblättrige Glockenblume, Dalmatiner Glockenblume und Hängepolster-Glockenblume.

Anja Eder, Autorin und Wildbienenexpertin

Mehr zum Thema Wildbienen von Anja Eder finden Sie in ihrem “Wildbienenhelfer”. Das Buch ist im Mellifera-Onlineshop erhältlich.


Biene sitzend auf Blüte