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Propolis - Vom Knospenharz zum „Breitbandantibiotikum“

Propolis, das Kittharz der Bienen, welches sie zum Abdichten ihrer Behausung herstellen und zudem als ihre Hausapotheke benutzen, stammt aus dem Griechischen „pro“ = „vor“ und „polis“ = „Stadt“. Somit ist es mit „Vorstadt“/„vor der Stadt“ zu übersetzen. Das Flugloch des Bienenstocks wird mit Propolis verkleinert, es dient gewissermaßen als antibiotische Barriere, so dass Bakterien, Viren und Pilze nicht ungehindert in den Stock eindringen können. Weiter wirkt die Auskleidung des Inneren einer Beute mit dem balsamischen Harzgemisch der Schimmelbildung in der feuchten Wärme des Bienenstocks entgegen.

Do 10. Dezember 2015 BieneMenschNatur.29
Biene mit Propolis-Höschen. (Foto: wikimedia)
Biene mit Propolis-Höschen. (Foto: wikimedia)

Spezialisierte Bienen, sogenannte Kittharzsammlerinnen, nagen in den Nachmittagsstunden bevorzugt Harze von Baumknospen (neben denen von Blättern, Zweigen und der Baumrinde) mit ihren Kauwerkzeugen ab. In der Natur hat der harzige Überzug an den Knospen eine wichtige Schutzfunktion gegen Bakterien und Pilze. Die Bienen kauen das Harz mit ihren Sekreten durch, welche als eine Art Lösungsmittel zu wirken scheinen. Die antibiotischen Eigenschaften von Propolis stammen größtenteils aus den genannten Pflanzenharzen. Im Stock bilden die Bienen daraus zusammen mit Wachs und Pollen ein inhomogenes Gemisch. Propolis ist insofern gewissermaßen ein Abbild der von den Bienen besuchten Vegetation und daher keine konstant zusammengesetzte Masse und sehr unterschiedlich hinsichtlich Farbe, Geruch, Konsistenz und biochemischer Zusammensetzung.

Neben 50-60 % Pflanzenharzen enthält das Kittharz bis zu 30 % Bienenwachs, ca. 10 % ätherische Öle und 10-20 % Vitamine, Antibiotika, Enzyme, Spurenelemente und sekundäre Pflanzenstoffe, insbesondere Flavonoide. Über 200 Einzelsubstanzen in Propolis sind bislang chemisch nachgewiesen worden; viele enthaltene Stoffe sind bislang chemisch noch unerforscht. Daher ist Propolis weder nachsynthetisierbar, noch sind seine Inhaltsstoffe standardisierbar. In Deutschland ist es daher nach wie vor umstritten, ob Propolis apothekenpflichtig oder frei verkäuflich ist. Eine allgemeingültige Regel gibt es nicht. Für eine Zulassung als Arzneimittel müsste jeder Inhaltsstoff einzeln registriert werden.

Rohpropolis nach der "Ernte". (Foto: wikimedia) Rohpropolis nach der "Ernte". (Foto: wikimedia)

Propolis wirkt gegen Bakterien, Viren als auch gegen Pilze, ohne dass sich Resistenzen ausbilden, was auf die Heterogenität seiner Zusammensetzung zurückzuführen ist, da viele verschiedene antibiotisch wirksame Substanzen gemeinsam agieren.
Die Möglichkeiten der medizinischen Anwendung sind vielfältig. Neben den genannten antibiotisch wirksamen sekundären Pflanzenstoffen stellen Gerbsäuren und sogenannte Salizylsäurederivate weitere wichtige Inhaltsstoffe dar. Sie sind wundheilungsfördernd, binden freie Radikale und wirken schmerzstillend. Bekanntlich wurde Aspirin®, Acetylsalicylsäure, zu Beginn des 20. Jahrhunderts aus der Weidenrinde gewonnen bzw. synthetisch umgebaut. Propolis enthält hiermit chemisch eng verwandte Stoffe, welche sich im Kontakt mit entzündeter Haut und Schleimhäuten als entzündungshemmend und schmerzlindernd erweisen. Als Beispiele sind das Gurgeln mit verdünnter Propolistinktur oder -pulver bei Halsentzündungen zu nennen, weiter die schmerzlindernde, wundheilungsfördernde und der Narbenbildung vorbeugende Anwendung in Form einer Salbe oder als Wundpflaster.
Ein Nachteil jedoch in der medizinischen Anwendung ist die Tatsache, dass nicht selten Allergien gegen Propolis auftreten.

Alkoholische Propolistinkturen sind sehr verbreitet, zumal ihre Herstellung einfach und wenig zeitaufwändig ist. Verwendet wird hochprozentiger Alkohol (mind. 70%), um die schwer löslichen Inhaltsstoffe der Harze zu extrahieren. Je höherprozentig der verwendete Alkohol, desto höher ist der extrahierte Gehalt an den genannten Inhaltsstoffen. Folglich ist die fertige Tinktur wirksamer gegen Mikroorganismen und die antioxidativen Eigenschaften sind stärker. Der Alkoholgehalt ist für manche Patienten, insbesondere für Kinder, nicht geeignet. Daher ist es naheliegend, nach nichtalkoholischen Zubereitungsformen zu suchen. Manche Imker kauen einfach Propolisklümpchen, wie sie bei der Pflege der Beute abgeschabt werden können. Sehr gute Erfahrungen habe ich damit gemacht, dieses Rohpropolis in Rohrohrpuderzucker im Mörser zu verreiben (siehe Kasten unten). Der fertige „Propoliszucker“ kann hinsichtlich der Anwendungsgebiete als gleichwertige Alternative zur Tinktur innerlich angewendet werden und schmeckt gerade Kindern sogar meistens ausgesprochen gut.

Dr. Almut Tobis, praktische Ärtzin

Die Autorin übernimmt keinerlei Haftung für die medizinische Anwendung der ausgeführten Inhalte. Diese ist in die Eigenverantwortung des Lesers gelegt.
Die juristische Haftung ist in jedem Fall ausgeschlossen.


Biene sitzend auf Blüte