Herbstanemone
Zweig

Salbei - Heilkraft und Aroma

Eine heilsame Pflanze für Bienen und Menschen.

Fr 24. Mai 2019 BieneMenschNatur.36
Biene an Echtem Salbei. (Foto: Shutterstock/S.Rotter)
Biene an Echtem Salbei. (Foto: Shutterstock/S.Rotter)

Der Hals fühlt sich kratzig und wund an, als hätten wir Schmirgelpapier verschluckt – Halsweh und Winter sind noch in guter Erinnerung. Die Blätter, die bei diesem Schmerz rasche Linderung bringen, sehen oberseitig selbst ein wenig wie Schmirgelpapier aus: Die Blattadern des Salbeis (Salvia officinalis) sind eingesenkt, und die Zonen dazwischen treten buckelig und runzlig hervor.

Auch im Winter finden sich die silbrig-graugrünen Blätter am Strauch, man kann einige davon kauen oder überbrühen und zum Gurgeln verwenden und schon ist das Schlucken wieder möglich. Sowohl die ätherischen Öle als auch die Gerbstoffe, die dabei freigesetzt werden, wirken gegen Entzündungen in Hals oder Rachen. Sie hemmen auch das Wachstum von Bakterien. Sogar Viren wie das Herpesvirus, das die ungeliebten Lippenbläschen hervortreibt, werden durch Salbeiextrakte als Tinktur oder in Salbenform in ihrer Verbreitung gehemmt. Schon in einem Lehrgedicht von Walafried Strabo aus dem Jahr 847 ist der Salbei als „hilfreich in den meisten Krankheiten“ befunden worden.

Blühender Muskattellersalbei. (Foto: N. Hils) Blühender Muskattellersalbei. (Foto: N. Hils) Seine Heimat sind die kargen Berghänge des Mittelmeergebietes, wo er als ausdauernder Halbstrauch in Gesellschaft von anderen sparrigen Trockenpflanzen die fast undurchdringliche Macchia bildet. In unseren Breiten ist der Echte Salbei auf die Kultur in Gärten angewiesen. Die für die Lippenblütler typischen vierkantigen Stängel sind nur bei den jüngeren Pflanzen anzutreffen, später, wenn die sparrig verzweigten Triebe verholzen, ist ihr Querschnitt rundlich.

Die Gattung Salvia ist die größte in der Familie der Lippenblütler und umfasst über 800 Arten, die vor allem in den wärmeren Gebieten der Erde verbreitet sind. Ihre Blütenkronen sind von fahlgelb über leuchtend rot und lila bis hin zu verschiedenen Blautönen gefärbt.

Die Salbeiarten zeichnen sich durch eine ausgeklügelte Blütenarchitektur aus, die fein auf ihre Bestäuber abgestimmt ist. Die fünf Kronblätter sind zu einer nach oben erweiterten Röhre verwachsen. Die helmartig gewölbte Kronenoberlippe birgt zunächst zwei Staubblätter mit Pollensäcken. Die beiden anderen Hälften der Staubblätter sind im Blütenschlund gelegen und nicht funktionstüchtig, aber mit den oberen durch eine Art Gelenk verbunden. Die Pollen sind in den meist zwittrigen Blüten zuerst reif, während die Griffel sich erst zu einem späteren Zeitpunkt bestäubungsfähig zwischen den Fruchtblättern hervorschieben. Auf dem Blütenboden wird Nektar abgesondert. Besucht eine Biene oder Hummel die Blüte, kriecht sie in die Blütenröhre hinein, um an den Nektar zu kommen und drückt dabei den unteren Teil der Staubblätter nieder, so dass über den gelenkartigen Hebelmechanismus die oberen Pollensäcke auf den Rücken des Tieres gedrückt werden, wobei der Pollen dort abgestreift wird. Kriecht das Tier in eine ältere Blüte, beugen sich die Griffel, die inzwischen an die Position der oberen Pollensäcke nachgerückt sind, auf den Rücken des Insekts und werden bestäubt.

Im Juni/Juli heben sich beim Echten Salbei die Blütentriebe aus dem Blattbereich heraus. Jeweils vier bis acht meist blaue Einzelblüten bilden einen Scheinquirl, von denen mehrere stockwerkartig zu einer Scheinähre vereinigt sind. Kurz vor oder während der Blütezeit bilden die Pflanzen am meisten ätherisches Öl, dann ist die beste Zeit, um die Blätter zum Trocknen zu sammeln. Nach der Blüte nimmt der Gehalt ab. Der Hauptbestandteil des ätherischen Öls ist das Thujon, das auch in Wermutarten vorkommt. Die Salbeiblätter enthalten auch bis zu 7% Gerbstoffe, Bitterstoffe und Flavonoide. Neben den bekannten antientzündlichen und desinfizierenden Eigenschaften wirken sie zusammenziehend, schweisshemmend und Appetit und Verdauung anregend. Besondere Bedeutung hat der Salbei in der Frauenheilkunde: Seine östrogenartigen Eigenschaften fördern in der ersten Zyklushälfte die Fruchtbarkeit, können aber bei Überdosierung wegen des hohen Gehalts an Thujon auch abortiv wirken. Als Tee getrunken ist er durch seine milchflussmindernde Wirkung hilfreich bei Milchstau oder beim Abstillen. Als Mittel der Wahl gilt Salbei als Bestandteil von Wechseljahrs-Teemischungen gegen Hitzewallungen, für einen kühlen Kopf, Gelassenheit und stabile Knochen.

Wechseljahrestee

Diese Mischung unterstützt in Zeiten des hormonellen Wechsels gegen Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen und Herzrasen.

20g Salbei
10g Hopfen
30g Herzgespann
20g Weißdorn

Anwendung:

  • 2 – 3 Tassen täglich, 1 gestr. TL pro Tasse, 2 – 3 Minuten ziehen lassen
  • nach 3 Monaten einen Auslassversuch starten, da die Beschwerden selten länger dauern

Will man eine gute Ernte, lohnt es sich, nach drei Jahren wieder junge Pflanzen zu ziehen. Wenn der Salbeistrauch nach einigen Jahren verholzt, werden die Blätter immer kleiner – als ob die Pflanze sich immer mehr zusammenzieht. Diese verhärtenden Kräfte der schon seit über tausend Jahren genutzten Heilpflanze, die mit der Bildung von Gerb- und Bitterstoffen einhergehen, sind ganz zurückgenommen bei einer anderen Art der Gattung, dem Muskatellersalbei (Salvia sclarea). Schon die Keimblätter sind grösser und fleischiger, dann bildet sich eine Rosette aus üppig ausladenden, grosszügig gewellten Blättern, und schließlich wachsen riesige Blütenstände bis zu einem Meter Höhe. Die üppig dicken Stängel bleiben stets vierkantig. Der Muskatellersalbei ist eine überwinternd einjährige Pflanze, er bleibt ganz im jugendlichen, saftigen Habitus – wie ein junger Bruder des Heilsalbeis. Seine breit ausgezogenen Kelchblätter sind weiss-rosa wie Blüten gefärbt und die Blütenstände verströmen einen bezaubernden süßlichen Duft, der zur Aromatisierung von Wein und Likören eingesetzt wird.

Ruth Richter, Forschungsinstitut am Goetheanum


Biene sitzend auf Blüte