Herbstanemone
Zweig

Die Luft der Bienen atmen – mehr als nur pure Entspannung

Honig, Propolis, Wachs – die Liste an wertvollen, heilsamen Schätzen, die uns die Bienen schenken, ist lang. Einer dieser Schätze ist dabei jedoch noch weitestgehend unbekannt: die Stockluft.

Mi 21. Dezember 2022 Apitherapie, BieneMenschNatur.43
Mit einem Ventilationssystem wird die Stockluft aus der Beute in die Atemmaske geblasen. (Foto: Hans Musch)
Mit einem Ventilationssystem wird die Stockluft aus der Beute in die Atemmaske geblasen. (Foto: Hans Musch)

Das möchte Matthias Zweier ändern. Gemeinsam mit den Imkern Florian Hamel und Florian Geske hat er sich das Ziel gesetzt, diese Stockluft anzubieten und in die Breite zu tragen. Im Jahr 2020 recherchierte das Dreierteam eifrig zu dieser besonderen Art der „Wellness“, holte von anderen Imkerkollegen eine Menge Expertise ein und boten dann ein Jahr später bereits die ersten Sitzungen an.

Einfaches Prinzip

„Es ist ein sinnvolles Produkt, möglichst bienenfreundlich zu ernten sowie gut für Imker und andere Menschen“. Hört man Matthias Zweier bei seinen Erzählungen zur so genannten Stocklufttherapie zu, spürt man regelrecht das Feuer, das in ihm für dieses Thema brennt.

Das Prinzip hinter der Bienenluft-Wellness ist dabei recht einfach: Mit einem speziellen Ventilator wird die Luft vom Inneren des Bienenkastens durch einen Schlauch in die Atemmaske des Teilnehmenden geblasen und von diesem eingeatmet, während er in völliger Entspannung neben dem Bienenvolk sitzt oder liegt. Nach einer Viertelstunde wird das Volk gewechselt, nach einer halben Stunde ist eine Sitzung vorbei. Angst vor Bienenstichen muss dabei niemand haben: Durch mehrere Filter in Schlauch und Atemmaske ist es ausgeschlossen, dass Feststoffe wie Bienen oder Pollen aus dem Bienenstock heraus gelangen.

Schaut man sich den Bienenstock als solches etwas genauer an, scheint er die optimale Entnahmequelle für solch entspannende und heilsame Luft zu sein. In ihm herrscht nicht nur eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit von über 70 Prozent sowie eine konstante Temperatur von rund 35 Grad Celsius, auch die ständige Ventilation durch die Bienen selbst kommt der Therapie zugute.

Keine Medizin, sondern Wellness

Matthias Zweier bietet Stockluft-Therapien in Rosenfeld an. (Foto: Nick Leukhardt) Matthias Zweier bietet Stockluft-Therapien in Rosenfeld an. (Foto: Nick Leukhardt) „Das Besondere an der Stockluft ist ihre Zusammensetzung aus vielen verschiedenen Bienenprodukten“, erklärt Matthias Zweier. Ätherische Öle aus Pollen, verschiedene Duftstoffe, Propolis und Honig sind dabei nur einige Bestandteile der Stockluft. Dadurch bekomme die Bienenluft-Wellness nicht nur eine entspannende Wirkung, sondern könne auch gegen verschiedene Beschwerden im Mund, Nasen und Rachenbereich helfen. Bronchitis, Asthma, Allergien, Nebenhöhlenentzündungen sind dabei nur einige Leiden, bei denen eine Stocklufttherapie lindernd wirken kann, sogar eine Wirkung bei Migräne, Schlafstörungen oder Depressionen wurde bereits festgestellt.

Trotzdem ist die Behandlung mit Stockluft bislang von gesetzlichen Krankenkassen nicht als valide Therapieform anerkannt, aufgrund der fehlenden wissenschaftlichen Evidenz.

Denn wissenschaftlich belegt ist die Wirkung der Stockluft bislang nicht. Daher ist es auch Matthias Zweier ein großes Anliegen zu betonen: „Bei der Stockluft-Therapie handelt es sich um keine medizinische Behandlung, sondern um Wellness.“

Entsprechend einfach ist auch der Einstieg für all jene, die ebenfalls mit ihren Bienen eine Stockluft-Behandlung anbieten möchten. Einer speziellen Ausbildung bedarf es nicht und auch alle nötigen Geräte sind frei verkäuflich. Was es aber vor allem brauche, ist laut Matthias Zweier eine „Eigenverantwortung als Mensch“.

Kaum Belastung für die Bienen

Ein wichtiger Punkt, der für Matthias Zweier bei seiner Arbeit mit der Stockluft stets im Vordergrund steht: Das Wohl der Bienen. Lediglich von Mai bis spätestens August kann man die Behandlung anbieten, in dieser Zeit sind die Völker am stärksten. „Generell sollte man bei der Stockluft-Therapie darauf achten, diese nur mit starken Bienenvölkern durchzuführen. Der Honigraum sollte mit Bienenmasse gefüllt sein.“ Außerdem wichtig: das regelmäßige Wechseln des Bienenvolks während einer Sitzung. „Ein Bienenvolk ist mitunter sehr sensibel und muss die entnommene warme und sauerstoffhaltige Luft erst wieder kompensieren. Daher sollte man nicht länger als 15 Minuten die Luft aus einem Volk einatmen.“

Für Matthias Zweier ist die Stockluft-Therapie ein wahres Herzensprojekt, welches jedoch bislang einen eher geringen Anklang findet. Es sei einfach noch zu unbekannt, so der Imker. Dem möchte er nach und nach entgegenwirken und diese Art der Wellness zu noch mehr Menschen bringen.

Das Problem: Nach dem Probejahr 2021 wurden die positiven Wirkungen der Wellnessanwendung, aber auch der organisatorische und fachliche Aufwand deutlich. Zwar förderten Rita Walter und Reyhaneh Redlich das Projekt tatkräftig, für einen einzelnen Imker ist das Anbieten solcher Wellness-Sitzungen ein sehr großer Aufwand. Das Imkerteam wohnt zu weit auseinander um täglich, flexibel einen Bienenstand und die Gäste zu betreuen. Nichtsdestotrotz würde er weiterhin an seinem Bienenstand im schwäbischen Rosenfeld auch in der kommenden Saison wieder Stockluft-Sitzungen anbieten. Hierfür sucht er aktuell personelle Unterstützung. „Es wäre wirklich toll, noch einen Mitstreiter oder eine Mitstreiterin zu haben. Falls also jemand aus der Gegend Lust hat, sich gemeinsam mit mir mit dieser besonderen Art der Therapie zu befassen, würde ich mich sehr freuen.“


Biene sitzend auf Blüte