Fasziniert und fokussiert durch die Biene - Tagung Bienen machen Schule 2022
Endlich wieder eine Tagung in Präsenz! Unter dem Motto Fasziniert und fokussiert durch die Biene lud die Initiative Bienen machen Schule des Vereins Mellifera am 30. September und 1. Oktober zu ihrer deutschlandweit einzigartigen Jahrestagung nach Rosenfeld – Leidringen ein. Rund 80 Interessierte und Referent*innen folgten Vorträgen und Workshops, die eine tiergestützte Pädagogik mit der Honigbiene und die praktische pädagogische Arbeit mit Bienen beleuchteten. Das reichhaltige Programm ermöglichte über zweieinhalb Tage einen intensiven Austausch für alle Beteiligten.
Do 13. Oktober 2022 von Jonas Ewert BieneMenschNatur.43, Kinder&JugendlicheWir müssen wieder lernen zu fühlen und genau hinzusehen
Ruhiges und genaues Beobachten, Ordnung im Chaos zu erkennen, Erleben ohne Aufgabe… Dies waren nur einige Punkte, die Jonas Ewert, Projektreferent von Bienen machen Schule und Leiter der Tagung in seiner Eröffnungsrede betonte. Das diesjährige Motto „Fasziniert und fokussiert durch die Biene“ ziele darauf ab, die wertvollen und heilsamen Impulse der Beschäftigung mit Bienen genauer zu betrachten. Und auch die Botschafterin und Schirmherrin der Initiative, Prinzessin Sophie von Preußen, legte in ihrem Grußwort den Fokus auf die Relevanz des Wirkens auf Kinder und Jugendliche und zog Parallelen zur Arbeit der Prinzessin Kira von Preußen Stiftung.
Botschafterin Prinzessin Sophie von Preußen, mit Rosenfelds Bürgermeister Thomas Miller (mitte) sowie Jonas Ewert von Bienen machen Schule (links) und Carmen Soudani von der Kira-Stiftung (rechts) (Foto: Roland Beck)
Naturerfahrungen bieten Kontinuität und Neues – genau dies braucht es
Einer der beiden Hauptredner der bienenpädagogischen Tagung war Professor Dr. Ulrich Gebhard, der Fakultät für Erziehungswissenschaften der Universität Bielefeld. Gebhard ging in seinem Vortrag der Bedeutung von Natur- und Tierbeziehungen bei Kindern und Jugendlichen nach. Dabei stellte er einige grundlegende positive Effekte von Naturerfahrungen vor. So kann bereits ein 10-minütiger Waldspaziergang, das Stresslevel senken und zum Wohlbefinden beitragen. Als besonders wichtig sei hierbei die Tatsache, dass der Mensch in der Natur ganz er selbst sein könne und keine Bewertung erfahre. Besonders relevant sei diese „wertfreie“ Kommunikation für die Beziehungen, die Kinder zu Natur und Tieren aufbauen. Interessant sei es nun genau zu verstehen, welche Qualitäten Bienen Kindern vermitteln und ansprechen.
Prof. Dr. Ulrich Gebhard referierte über die Bedeutung von Natur- und Tierbeziehungen bei Kindern und Jugendlichen (Foto: Roland Beck)
Bereits ein halber Tag an den Bienen kann das Naturverhalten nachhaltig positiv beeinflussen
Dass sich Bienen perfekt dafür eignen, Bildungsziele zu vermitteln, stellte die Leiterin des österreichischen Kompetenzzentrum für Didaktik der Biologie der Universität Wien in ihrem Vortrag fest. Wie Professorin Dr. Andrea Möller erklärte, gehe aus den Daten des Projekts BeeEd – Bildung durch die Biene eindeutig hervor, dass bereits ein halber Tag an den Bienen einen positiven Einfluss auf das ökologische Bewusstsein von Kindern hat. So können schulinterne Bienenstände dazu beitragen, eine Aversion gegenüber Insekten abzubauen und das Interesse an den Bestäubern zu wecken. Das Schöne dabei sei, dass das Gelernte unmittelbar an die Lebenswelt der Schüler anknüpfbar ist, was einen positiven Effekt auf das Lernen und die Einstellung gegenüber Natur habe.
Prof. Dr. Andrea Möller stellte Ergebnisse ihrer langjährigen Forschungen zu Bienen und Kindern vor (Foto: Klara Stingel)
Tiergestützte Pädagogik als Weg um Kinder und Jugendliche zu erreichen und zu faszinieren
In weiteren Impulsreferaten wurde die praktische Arbeit mit Bienen in besonderen pädagogischen Bereichen und Schulprojekten vorgestellt. Der Dipl. Sozialpädagoge, Fachkraft für Tiergestützte Intervention und staatlich anerkannte Heilerzieher Sebastian Rolke der Initiative Meise 3 aus Pinneberg stellte in seinem Vortrag seine über 10-jährige Erfahrung aus der Arbeit mit Bienen und Jugendlichen vor. So seien die Ziele der bienengestützten Arbeit u.a. die Fähigkeit vermitteln zu helfen und sich helfen zu lassen, die soziale Kompetenz und Empathie zu stärken, eigene Ressourcen zu entdecken, Rollen und Verhaltensmuster bewusst werden zu lassen, Grenzen zu erleben, zu akzeptieren und zu erweitern. Rolke betonte dabei, wie wichtig der Ernstcharakter seiner Arbeit mit den Jugendlichen an den Bienen sei. Die Versorgung der Bienen ist wichtig und die gesetzten Ziele dienten als Basis für die Selbstkompetenzen, an denen er mit den Jugendlichen arbeite.
Lernziele können je nach Inklusionsschüler stark variieren
Heike Uphoff und Birthe Stolper von den Schulbiologiezentren Hannover und Hildesheim legten in ihrem Impulsreferat Bee – inclusive den Fokus auf die Arbeit mit Inklusionsklassen. Beide gehen diesem Ziel schon lange im Rahmen ihrer Arbeit nach und haben mit dem diesjährigen Projekt nochmals genau die Grundlagen beleuchtet. Inklusionsschüler benötigen einen speziellen sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf der sich auf verschiedene Bereiche wie Hören, Sehen, Sprache, Emotionale und soziale Entwicklung, Körperliche und motorische Entwicklung, Lernen als auch die geistige Entwicklung erstreckt. Dabei auf die individuellen Bedürfnisse und Lernziele der Inklusionsschüler einzugehen sei die Herausforderung, die es zu erkennen und zu bewältigen gäbe. Die Lernziele können je nach Schüler stark variieren und kognitiver, emotionaler oder motorischer Art sein. Wichtig ist ihnen dabei jedem Einzelnen ein individuelles Erleben der Bienen zu ermöglichen.
Ein vielfältiger, sortenreicher, naturnaher und kindgerechter Garten für elementare Erlebnisse, Eindrücke und Erfahrungen
Einen Exkurs in ein schulisches Bienenprojekt bot im Anschluss Dr. Daniel Schaarschmidt Kiener von der Freien Waldorfschule Konstanz. Er stellte den KinderSinnesGarten Wahlwies vor. Ein Projekt welches von 2014 bis 2021 durch die ehrenamtliche Arbeit von Eltern von Waldorfschüler*innen verwirklicht wurde. Ziel war es, Kindern schon früh zu zeigen, wie viel Vielfalt es in unserer Pflanzen- und Tierwelt gibt. Durch die gemeinsame Planung, Finanzierung, Umsetzung und Entwicklung wurde so der KinderSinnesGarten geschaffen. Dieser vielfältige, sortenreiche, naturnahe und kindgerechte Garten sollte Kindern elementare Erlebnisse, Eindrücke und Erfahrungen für alle Sinne bieten. Die Bienen bekamen in selbst angefertigten Klotzbeuten ihren Platz im Garten. Wildbienen konnten in speziellen Nisthilfen einen Unterschlupf finden. Schaarschmidt-Kiener konnte mitreißend darlegen wieviel Herzblut in diesem besonderen Projekt steckte, welches 2021 leider beendet werden musste. Seine, und die Arbeit seiner Frau fokussieren sich nun auf die Gartenbauklasse an der Freien Waldorfschule Konstanz.
Arbeitsgruppen luden zur praktischen Vertiefung ein
In insgesamt sechs verschiedenen Arbeitsgruppen, die von erfahrenen Bienenpädagog*innen angeleitete wurden, konnten die Teilnehmer*innen ihr praktisches Wissen vertiefen. Die Themen Die Arbeit in der Bienen AG vielfältig gestalten; Der insektenfreundliche Schul-, Erlebnisgarten als Naturerfahrungsraum; Einfach und schön. Die Einraumbeute im pädagogischen Kontext; Bienenprojekte im Kindergarten; Wildbienen – Spiele und Aktionen rund um die wilden Schwestern der Honigbiene; Forschend Lernen mit Honig- und Wildbienen in der Sekundarstufe luden dazu ein, das praktische, angewandte Wissen zu erweitern und vertiefen.
Ein besonderer Höhepunkt der Tagung, war die Aufführung einer Szenencollage und von Teilen des aktuellen Dokumentarfilms des professionellen, integrativen HEYOKA Theaters Ulm. Das Ensemble welches sich aus Menschen mit Beeinträchtigungen, Menschen mit psychischen Krankheiten, engagierten Laienschauspielern und Profis zusammensetzt stellte Szenen aus ihrem Stück Bienen I vor.
Weiteres Rahmenprogramm der Tagung boten der Markt der Möglichkeiten, an dessen Ständen sich gezielt über die einzelnen Projekte und Initiativen informiert werden konnte. Abschließend präsentierten Alica Kipp und Jonas Ewert, von Bienen machen Schule, laufende und kommende Projekte der Initiative. Bevor in einem Rückblick in Bildern über 12 Jahre Tagung Bienen machen Schule die Veranstaltung einen fröhlichen Ausklang fand.
Für alle die noch mehr über Mellifera e. V. und seine Arbeit erfahren wollten, gab es am Sonntagvormittag noch die Möglichkeit einer Führung von Imkermeister Norbert Poeplau an der Fischermühle zu folgen. Poeplau erzählte über die Anfänge des Vereins, die Grundlagen einer wesensgemäßen Bienenhaltung und die Zeidlerei, also der Haltung von Bienen in Bäumen. Bei schönstem Herbstwetter folgten rund 50 Personen gebannt seinen Erzählungen und bestätigten, wie faszinierend wesensgemäße Bienenhaltung ist.