Das war unsere Tagung "Gemeinsam stark – eine für alle füreinander"
Unter dem Motto „Gemeinsam stark – Eine für alle, alle füreinander“ brachte die Initiative Bienen machen Schule vom 19. bis 21. September rund 65 Pädagoginnen, Imkerinnen und Umweltbildner*innen zusammen. An der Freien Waldorfschule Heidenheim an der Brenz trafen sich Menschen, die eines verbindet: die Begeisterung für die faszinierende Welt der Bienen – und der Wunsch, diese Begeisterung in die Bildungsarbeit zu tragen. Drei Tage lang standen Austausch, Inspiration und gemeinsames Lernen im Zeichen der Biene als Schlüssel zur Natur- und Umweltbildung.
Do 16. Oktober 2025 von Jonas Ewert Kinder&Jugendliche, Veranstaltung
Natur als Brücke zwischen Körper, Geist und Gesundheit
Die Tagung widmete sich der Frage, wie der Kontakt mit Natur das Lernen und die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen fördern können. Zum Auftakt beleuchtete Prof. Dr. Carolin Retzlaff-Fürst von der Universität Rostock in ihrem Vortrag „Garten & Gesundheit“ die positive Wirkung des Aufenthalts im Grünen auf Lernende und Lehrende. So reichen die verschiedenen Ebenen vom reinen Naturkontakt (reflexionsfrei) über das Naturerleben (Interkation) bis hin zu Naturerfahrung, welche einen spezifischen Auseinandersetzungsprozess des Menschen mit seiner belebten Umwelt darstellt (Bayrhuber 1994, S.4; Bögeholz 1999, S. 21 in Lude 2021). Die Wirkung von Natur auf das Wohlbefinden kann dabei in direkte biophysische und indirekte Effekte unterschieden werden. Direkte Effekte sind dabei z.B. positive Auswirkung auf die Atemwege, durch die gefilterte Waldluft oder aber auch die Minderung von Hitzestress auf den Körper. Indirekte positive Effekte sind auf die Anregung zur Bewegung sowie auf Stressreduktion zurückzuführen. Weitere Studien gaben zudem Rückschlüsse darauf, dass das Selbstwertgefühl durch die Arbeit und den Aufenthalt im Freien gesteigert wird. Dies wirkt sich wiederum positiv auf die Psyche aus.
Natur und gesunde Entwicklung
Im Anschluss führt Dr. Karin Michael, die an der medizinischen Sektion des Goetheanum und am „von Tessin-Zentrum für Gesundheit und Pädagogik“ tätig ist, in die Zusammenhänge zwischen Natur und gesunder Entwicklung ein. Michael legte dabei eingangs des Fokus auf den Tastsinn als essenziellen Vermittler zwischen Innen und Außen, als Grenze zwischen uns und der Welt. Nur wenn dieser Sinn in frühen Jahren gefördert und regelmäßig genutzt wird bildet sich eine gesunde Selbstwahrnehmung aus, die eine wichtige Grundlage für die spätere Entwicklung ist. Barfuß durchs Gras laufen, durch Laub oder sogar durch den Schnee schafft besonders eindrücklich Sinneserfahrungen, die Körper und Geist mit der Außenwelt verbinden. Wie wichtig es ist Sinneseindrücke in der Natur zu fördern gaben weitere Beispiele zu Geruch, Geschmack, Sehen und Hören. All unsere Sinne lassen sich in der Natur besonders gut und intensiv erfahren. Das diese realen und intensiven Sinneserfahrungen in der heutigen Zeit aufgrund wachsendem Medienkonsum weniger werden sei Grund zur Sorge und gleichsam Aufforderung dem entgegenzuwirken.
Beide Beiträge zeigen eindrucksvoll, wie wichtig Naturkontakte für Resilienz, Konzentration und seelisches Gleichgewicht sind.
Naturerleben fördert Resilienz und Gemeinschaft
Der Samstag stand im Zeichen von Austausch und Reflexion. Nadia Freihube stellte in ihrem Impulsreferat das neue Bienen machen Schule Projekt „Gärten der Generationen“ vor und präsentierte, wie generationenübergreifendes Lernen durch Naturprojekte gelingen kann. Das Projekt verbindet Senioren- und Kindereinrichtungen an bisher 12 Standorten in Baden-Württemberg und fördert das Anlegen von Sinnes- und Naschgärten als Orten der Begegnung und Lebensraum für Insekten. Über angeleitete gemeinsame Aktivitäten, die für die Natur sensibilisieren, werden der Austausch zwischen Jung und Alt gefördert. Das der Ansatz des Projektes richtig ist, zeigen die bisherigen Erfahrungen. Die Kinder lernen u.a. was Empathie bedeutet oder ein differenziertes Welt- und Menschenbild. Für die Senior*innen ist u.a. die Aufrechterhaltung der sozialen Einbindung oder ein selbstverantwortliches sinnerfülltes Leben von großer Bedeutung.
Naturerfahrungen für die Resilienz und Lebenskraft
Natur- und Erlebnispädagogin Sonja Wagner beleuchtete anschließend die Bedeutung von Naturerfahrungen für die Resilienz und Lebenskraft von Kindern. Diese Perspektive verbindet Erkenntnisse aus der Erlebnispädagogik mit praktischer Gesundheitsförderung. Mit ihrer Agentur froh-natur wird der vertraute (Schul-) Rahmen verlassen, um mit Schulklassen und deren Lehrenden mittels eines naturpädagogischen Ansatzes im Naturraum (Wald) neue Impulse zu setzen. So können z.B. soziale Prozesse angestoßen, als Gemeinschaft zusammengerückt, Gesundheit gefördert und Abenteuer und Mutproben erlebt werden, um sich mit der Natur stärker zu verbinden. Als Mentorin der Waldorfschule Tübingen konnte Wagner dort das Natur.Erlebnis.Schule-Konzept, bei dem die Klassen 1-5 mit ihren Lehrenden jährlich 2 x eine Woche im Naturraum verbringen, implementieren.
Praktische Impulse für Schule und Kindergarten
Ein weiteres zentrales Standbein der Tagung waren sechs praxisnahe Workshops, die zeigten, wie sich Bienenpädagogik kreativ in den Unterricht integrieren lässt. Von der Planung altersgerechter Erlebnistage mit Dr. Daniel Schaarschmidt-Kiener über Wachswerkstatt und Honigherstellung mit Barbara Leineweber bis hin zur Kräuterwerkstatt von Tanja Zidon – die Teilnehmenden erhielten konkrete Ideen und Materialien, die sich sofort im pädagogischen Alltag umsetzen lassen.
Weitere Themen widmeten sich der Wahrnehmungsschulung, der Arbeit mit Bienenkisten und Einraumbeuten (Theresa Vollmuth), dem Thema weshalb Blütenpollen ein unverzichtbares und wichtiges Powerfutter im Bienenstock ist (Undine Westphal) sowie der Frage, wie Kinder wieder eine lebendige Beziehung zur Natur aufbauen können (Sonja Wagner). Diese vielseitigen praktischen Impulse boten ein anregendes und inspirierendes Programm für die Teilnehmenden.
Kunst mit und über Bienen
Ein besonderes Highlight war das Abendprogramm der Künstlerin Jeanette Zippel. Mit ihrem Vortrag „Kunst mit und über Bienen“. Zippel präsentierte sie ihr über drei Jahrzehnte umfassendes künstlerisches Werk, welches sich der Ästhetik des Bienenwesens verschrieben hat. Ihre über die Jahre hinweg erarbeiteten Werkkomplexe umfassen Bewegungsformen, die Optik der Bienen, den Wabenbau, Zeichnungen, Bienenpflanzenröhren als auch Skulpturen, die als Beuten für Honigbienen oder Nisthilfen für Wildbienen dienen.
Ein besonderer Ort für eine besondere Veranstaltung
Mit der Freien Waldorfschule Heidenheim konnte die Tagung auch in diesem Jahr an einem besonderen Ort stattfinden. Diesen stellte am Sonntag Florian Frey Lehrkraft der Schule vor. Frey stellte die besondere Architektur der Schule mit ihren individuell gestalteten Räumen und dem imposanten Festsaal vor und gab ebenfalls Einblicke in die Außenanlagen als auch den angrenzenden Kindergarten.
Wir danken an dieser Stelle den Verantwortlichen der Freien Waldorfschule Heidenheim sowie allen Teilnehmer*innen der Tagung und insbesondere allen die sich inhaltlich am Programm beteiligt haben. Zudem möchten wir ebenfalls der Stiftung Helixor, der Stiftung Umwelt und Natur der Sparda Bank Baden-Württemberg sowie der Hans-Voith-Stiftung für ihre finanzielle Unterstützung danken.
Einige weitere Impressionen der Tagung haben wir in der folgenden Galerie und einem kurzen Video zusammengestellt. Viel Spaß beim Anschauen!