Wachswerkstatt im pädagogischen Gartenbau
Die Arbeit mit Wachs ist gerade in der dunklen Jahreszeit ein toller Zeitvertreib. Entstehen dabei nicht nur tolle Dinge wie etwa Kerzen, kann uns die Arbeit mit Wachs auch geistig berühren.
Do 12. Dezember 2024 von Gastautor*in BieneMenschNatur.47, Kinder&JugendlicheWir ziehen in der dunkelsten Zeit des Jahres unsere Kerzen. Dann, wenn es draußen kaum hell wird in der Adventszeit, kurz vor der Wintersonnenwende. Genau dann, wenn man das Licht so dringend braucht, besonders auf der seelischen Ebene. Der Gartenbau-Raum ist nur spärlich beleuchtet. Gerade so hell, dass man die Wachsgefäße gut sehen kann. Es herrscht eine archaische, fast mystische Stimmung. Und wir nehmen damit die Polarität der Bienen auf, die in ihrem dunklen Bienenstock das helle, duftende Wachs hervorbringen.
Der Blick aufs Wachs
Zur Einstimmung betrachten wir eine Bienenwabe. Wir staunen und sind regelrecht ergriffen darüber, wie fragil und gleichzeitig stabil das Wabenwerk auf uns wirkt. Und dann auch das unfassbar geringe Gewicht! Federleicht erscheint uns die Wabe und es ist unvorstellbar, wie viel die Bienen für einen so vollen Wachstopf arbeiten müssen. Wir sprechen darüber, wie das Wachs von den Bienen hergestellt wird, wie viel Energie die Bienen für das Wachsschwitzen aufwenden müssen und wie demütig wir diesem kostbaren Material gegenüber stehen sollten.
Bei Mittel- und Oberstufenschüler*innen und bei Erwachsenen gehen wir an dieser Stelle auf die kulturhistorischen Aspekte des Bienenwachses ein. Dass es in früheren Zeiten nur den Klöstern und den reichen Menschen vorbehalten war, Kerzen und Wachstafeln zu besitzen. Kaum noch zu begreifen in unserer Welt voller Luxus und Überfluss.
Das duftende Wachs, Wärme, einen Docht und Zeit – mehr braucht es nicht. Nach einer theoretischen Einführung über die Technik des Kerzenziehens erhält jeder einen Docht. Dieser ist aus Baumwolle – ein organisches Material. Es gibt ein „Oben“ und ein „Unten“. Dreht man den Docht falsch herum, brennt die Kerze nicht gut. Beim eigentlichen Vorgang des Kerzenziehens taucht man den Docht in das heisse Wachs und zieht den Docht heraus. Die fertige Kerze soll ja schön gerade dastehen. Im wahrsten Sinne des Wortes „kerzengerade“. Bei jedem Tauchgang nimmt sie an Umfang zu, bis sein Träger mit ihrer Gestalt zufrieden ist. Es ist ein mühevoller Prozess, laufen doch die Träger Runde um Runde im Raum umher, um die Schichten abkühlen zu lassen. Dabei ist vieles zu beobachten. Nämlich, dass die Träger des Dochtes meist behutsam gehen, langsam, fast würdevoll.
Je dichter die Wachsschicht um den Docht „gewachsen“ ist, umso aufgerichteter geht sein Träger, um nun auch zielstrebiger zum Wachskessel zu gelangen.
Rhythmus der Kerzen
So entsteht ein ganz eigener Rhythmus, ziehen wir doch mehrere Kerzen parallel. Denn je länger die entstehende Kerze abkühlen kann, um so eine bessere Qualität erhält sie und bekommt eine wunderbar glatte Oberfläche. Anhand der Kerze kann man viel über den Entwicklungsstand und das Innenleben ihres Produzenten erkennen.
Das Wachs als eine der „magischen“ sieben Substanzen der Bienen hat einen zentralen Stellenwert im pädagogischen Gartenbau. Wir veredeln dieses kostbare Material auch für die Herstellung von Auflagen zur Wärmebehandlungen und bei Erkältungen sowie als wertvollen Inhaltsstoff von Cremes und Salben bei der Verarbeitung unserer Kräuter und Blüten aus dem Schulgarten. Und der Kreis schließt sich dann wenn wir gemeinsam im Mai das wachsende, schneeweiße Wabenwerk eines jungen Schwarms mit allen Sinnen wahrnehmen.
Susanne Kiener und Daniel Schaarschmidt-Kiener, Bienenpädagog*in und Gartenbaulehrer*in an der Freien Waldorfschule Konstanz