Die Weisheit der Bienen
Bienen sind keine Haustiere in dem Sinne, wie wir uns das vorstellen, auch wenn Jack Mingo uns ihre Vorzüge nahebringen möchte. Bienen können wir nicht streicheln, und ehe man sie lieben kann, muss man erst einmal über sie staunen. Man muss Verständnis mitbringen für ihre Welt, die so ganz anders ist als alles, was wir kennen und nachempfinden können.
Mi 11. November 2015 von Gastautor*in Prominente Unterstützer, Rezension, Videovon Sarah Wiener
Ich habe mich lange nicht besonders für Bienen interessiert, obwohl ich als Köchin natürlich häufig mit ihrem Honig zu tun hatte und mich mit seinen unterschiedlichen Qualitäten und der Frage nach seiner Herkunft beschäftigte. Für mich war Honig ein beispielhaft natürliches Nahrungsmittel und die Imkerei eine altehrwürdige Tradition im Einklang mit der bäuerlichen Landschaft und der natürlichen Entwicklung der Bienenvölker.
Dann machte die Rede vom weltweiten Bienensterben die Runde. Wir wurden daran erinnert, dass auch die Bienen von gestörten Umweltbedingungen beeinträchtigt werden. Und erst in dem Moment, in dem wir uns eine Welt ohne Bienen vorstellen mussten, wurde klar, wie wichtig sie für uns sind. Das Leben der Menschen hängt buchstäblich vom Überleben der Bienen ab. Ohne die Blütenbestäubung würde ein großer Teil unserer Ernährung ausfallen. Konsequenterweise ist die Biene in den letzten Jahren immer mehr zum Indikator für den Gesundheitszustand unserer Umwelt geworden. Wenn es den Bienen gutgeht, geht es auch der Natur und damit dem Menschen gut. Sind die Bienen gefährdet, bedeutet das auch höchsten Alarm für die Umwelt und die Menschen.
Wesensgemäße Bienenhaltung
Im Jahr 2011 wurde ich auf eine besondere Imkerei aufmerksam, die eine wesensgemäße Bienenhaltung betreibt. Damals erst wurde mir deutlich, dass es auch in der Imkerei große Unterschiede gibt, und ich begann mich für die möglichst naturgemäße Bienenhaltung zu engagieren. So wurde ich Bienenpatin beim Verein Mellifera e. V.
Anfang 2012 konnte ich dann eine Sendung im Fernsehen über die Bienen gestalten, in der Serie »Sarah Wieners erste Wahl« für Arte und den ORF. Wir drehten eine Woche lang in der Mellifera-Imkerei Fischermühle. Ich half, Honig aus den Waben zu schleudern, suchte nach der Königin, um sie ein neues Bienenvolk gründen zu lassen, und ich habe gelernt, mit den Bienen am geöffneten Stock so umzugehen, dass sie möglichst wenig gestört werden. Und tatsächlich bin ich in der ganzen Zeit nicht ein einziges Mal gestochen worden!
Das war eine unglaublich spannende, intensive Erfahrung. Selten haben mich Tiere und ihre raffinierten organisatorischen Strukturen mehr berührt und beeindruckt. Und es war wie überall: Ich musste über die Dinge erst einmal Bescheid wissen, ehe ich sie bewundern und lieben lernte.
Expertenwissen leichtfüßig vermittelt
Jack Mingo ist auch so einer, der die Bienen eher zufällig einmal für sich entdeckte und den sie seitdem nicht mehr losgelassen haben. Inzwischen ist er ein erfahrener Imker, aber er hat sich das Staunen und die Neugier bewahrt und den Spaß am Entdecken und Beobachten. Er hat die Gabe, sein Expertenwissen vergnügt und leichtfüßig zu verpacken und uns mit seinen Erlebnissen und Geschichten ein Gefühl für die Wunderwelt der Bienen zu vermitteln. Dass die Bienen weltweit bedroht sind durch die Art und Weise, wie wir Menschen in die Natur eingreifen, weiß er durchaus und beschönigt diese große Sorge nicht – aber er betrachtet sie geschickt von der Lösungsseite her: Wer Einblick in die Großartigkeit der natürlichen Lebenssysteme hat, wird achtsamer sein und mithelfen, sie zu bewahren.
Gerade im Hinblick auf die Bienen gibt es derzeit eine Entwicklung, die mir Mut und Hoffnung gibt: Auch immer mehr junge Leute wollen Imker werden, die Bienenlehrgärten und die Stadtimkereien sind nicht mehr zu übersehen. Das ist im Einzelfall vielleicht ein »Tropfen auf den heißen Stein«, aber es ist etwas, was Einzelne tun können für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen und für die Gesundung unserer Umwelt. Und auf das Verhalten vieler Einzelner kommt es an, jeder entscheidet sich unentwegt, gedankenlos das Falsche oder bewusst das Richtige zu tun. Als Verbraucher tragen wir mit unseren täglichen Einkäufen eine Menge zur Vernichtung oder aber zum Erhalt unserer natürlichen Umwelt bei.
Ich wollte aus meiner Begeisterung für die Bienen auch nützliche Taten folgen lassen. Deshalb habe ich einen Imkerkurs in der Fischermühle gemacht und meine eigenen Bienen mitten in Berlin auf dem Dach.
(aus »Die Weisheit der Bienen«, S. 7-10)
Jack Mingo, Die Weisheit der Bienen
Erstaunliches über das wichtigste Tier der Welt
224 Seiten, 17,99 €
Buchcover »Die Weisheit der Bienen« von Jack Mingo (Foto: Randomhouse Verlagsgruppe) Das Buch beschreibt in kurzen Kapiteln den Weg des Autors zur Bienenhaltung und sein Staunen und seine Begeisterung über das Leben der Bienen. Er wählt dabei oft unkonventionelle, erfrischende Perspektiven. Das Buch ist unterhaltsam geschrieben und macht Lust darauf, selbst in die Welt der Bienen einzutauchen. (Es ist aber kein imkerliches Fach- oder Praxisbuch über »wesensgemäße Bienenhaltung«.)