Herbstanemone
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Honig als natürlicher Stimmungsaufheller

Apitherapeut Dr. med Stefan Stângaciu erklärt im Interview, wie sich Honig auf unser Seelenleben auswirken kann.

Fr 18. Dezember 2020 von Nick Leukhardt Apitherapie, BieneMenschNatur.39, Interview
Dr. Stefan Stângaciu bei einer Konferenz. (Foto: Dr. Stefan Stângaciu)
Dr. Stefan Stângaciu bei einer Konferenz. (Foto: Dr. Stefan Stângaciu)

Je ganzheitlicher die Medizin auf unsere Gesundheit schaut, desto stärker wird das Zusammenspiel von Körper und Geist betrachtet. Bereits mehrfach haben wir an dieser Stelle über Heilwirkungen von Honig berichtet. Dr. med. Stefan Stângaciu, einer der führenden Spezialisten für Apitherapie, geht mit uns der Frage nach, welchen Einfluss Honig auf unser Seelenleben hat.

Seit 1991 studieren Sie die Heilkraft von Bienenprodukten und beschreiben diese in Ihrem Buch „Sanft heilen mit Honig, Propolis und Bienenwachs“. Viele Jahre waren Sie Präsident des Deutschen Apitherapie Bundes. Welche Forschungsergebnisse zur Heilwirkung von Honig haben Sie in letzter Zeit besonders beeindruckt?

Dr. Stângaciu: Ich stehe im Austausch mit circa 3000 Menschen weltweit, die in der Apitherapie tätig sind. Stellen Sie sich vor: Eine 2015 in Malaysia durchgeführte Studie ging dem Volksglauben nach, Imker würden besonders alt. In dieser Studie wurden Imker und Nicht-Imker verglichen. Man hat die Telomere am Ende ihrer Chromosomen untersucht. Diese Telomere verkürzen sich bei jeder Zellteilung, bis die Zelle schließlich stirbt. Man sagt deshalb, je länger Ihre Telomere sind, desto älter können Sie noch werden. Das Enzym Telomerase wirkt der Verkürzung der Telomere entgegen. Honig enthält durch den ebenfalls enthaltenen Pollen Telomerase. Und die Telomere der Imker in der Studie waren tatsächlich länger als die der Nicht-Imker. Daher gehen die Forscher davon aus, dass der Verzehr von Honig und anderen Bienenprodukten tatsächlich lebensverlängernd wirkt.

Wow, das sind ja wirklich gute Nachrichten, die wir im Moment ja auch brauchen können. Viele Menschen fühlen sich angesichts der aktuellen Corona-Situation verängstigt, die Kontaktbeschränkungen drücken auf die Stimmung. Welche Hilfen kann die Apitherapie anbieten?

Besonders ältere Menschen haben ein schwächeres Immunsystem. Die Zellen, die den Schleim aus der Lunge entfernen sollen, sind weniger aktiv – er verfestigt sich in der Lunge. Die Sauerstoffzufuhr verschlechtert sich, und sie können leichter an Covid-19 sterben. Lindenblütenhonig wirkt gegen trockenen Husten und erlaubt, dass die Lungen flüssigeren Schleim produzieren, und damit Staubpartikel, Bakterien und Viren herausbefördern. Die Inhalation mit Lindenblütenhonig spendet Wärme und Feuchtigkeit und unterstützt die Lungenfunktion.

Sie haben aber auch die Niedergeschlagenheit angesprochen, und die ist nicht nur ein seelisches, sondern auch ein körperliches Problem. Wenn wir traurig sind, wird unser Körper schlechter durchblutet. Er erhält dann zu wenig Sauerstoff. Das erhöht das Krebsrisiko und begünstigt die Entstehung von Degenerationskrankheiten wie Arthrose oder auch den Ausbruch von Lungenkrankheiten wie Covid-19. Dann wäre uns geholfen, wenn Honig auch unsere Stimmung aufhellen könnte?

Dr. Stângaciu: Sehen Sie, Millionen von Jahren waren wir von Bäumen und Pflanzen umgeben, haben uns von Früchten und Nüssen ernährt und manchmal auch Honig gefunden. Honig enthält tausende verschiedener Moleküle, die sehr beliebt beim Körper sind. Weil er sie sofort erkennt, werden sie vom Verdauungstrakt sehr gut aufgenommen. Unser Körper kann Honig als Energiequelle auch viel besser nutzen als einfachen Zucker, weil die Bienen die Zuckerarten bereits aufgespalten haben.

Und diese Energie macht mich glücklich?

Dr. Stângaciu: Auf Umwegen … Die therapeutischen Wirkungen von Honig kommen nicht von Glukose, Fruktose oder Wasser. Honig enthält noch viele weitere Bestandteile in sehr kleinen, aber wichtigen Mengen: Propolis, Gelee Royale, Pollen und manchen Autoren nach auch Bienengift.
Propolis bringt Polyphenole in den Honig. Polyphenole sind fantastisch! Sie schützen unseren Körper gegen mikroskopisch kleine Feinde wie freie Radikale, Bakterien und Viren. Und Pollen enthält Aminosäuren, Vitamine und Enzyme. Jetzt kommen wir der Sache näher: Diese Aminosäuren braucht unser Körper nämlich, um die Hormone zu produzieren, die uns fröhlich machen, z.B. Serotonin oder Endorphine. Honig wirkt antidepressiv! Nicht nur, weil er sehr viel Energie spendet, die bei Depression auch fehlt, sondern besonders, weil er die Bausteine für unsere „Glückshormone“ liefert.

Seit 2018 ist unsere Imkerei an der Fischermühle vom Deutschen Apitherapie Bund zertifiziert. Welche Anforderung haben Sie persönlich an Imker, um Bienenprodukte für therapeutische Zwecke zu gewinnen?

Dr. Stângaciu: Dabei kommt es sehr stark auf Hygiene an. Verunreinigungen können von der Umgebung, dem Werkzeug, den eigenen Händen oder auch von alten Bienenstöcken in den Honig gelangen. Alle Arbeitsschritte müssen sehr sauber und sorgfältig durchgeführt werden. Rumänische Imker gewinnen Honig für bestimmte Anwendungen sogar aus der verdeckelten Zelle mittels einer Injektionsspritze. So wird der Honig nicht der Kontamination durch Keime oder Sporen aus der Luft ausgesetzt, wie dies beim Schleudern der Fall ist. Und um Pollen zu gewinnen, bringen zypriotische Imker ihre Pollenfallen an Fluglöchern im oberen Bereich der Beute an, damit er beim Heraustransport des Gemülls nicht verunreinigt wird.

Was empfehlen Sie Imkern, die gerne mit Apitherapeuten zusammenarbeiten möchten?

Dr. Stângaciu: Die Imkerei sollte bereits bio-zertifiziert sein, dann sind alle anderen Bedingungen leichter zu erfüllen. Wichtig ist, dass der Honig genügend Wirkstoffe enthält, um Krankheiten zu heilen. Da sich die Anwendungsbereiche von Honig nach den Wirkungen von Heilpflanzen in der Phytotherapie richten, sollten Sie möglichst reine Monosortenhonige und -pollen produzieren. Weiterhin empfehle ich eine Mitgliedschaft im Deutschen Apitherapie Bund, um Schulungen zu erhalten und für den persönlichen Erfahrungsaustausch.

Gehen wir zum Abschluss in die Küche – was sollten wir aus Ihrer Sicht bei der Verwendung von Honig beachten?

Dr. Stângaciu: Wollen Sie eine Heilwirkung erzielen, zum Beispiel für die Wundheilung oder eine Infektion, dann brauchen wir die Enzyme in voller Stärke. Sie sollten den Honig dunkel und kühl lagern, denn Temperaturen ab 45 Grad und Licht zerstört sie (außer Honigtauhonig, der viele Polyphenole enthält). Tee oder Glühwein sollten Sie auf etwa 45 Grad abkühlen lassen, bevor Sie den Honig einrühren. Backen würde ich nicht mit Honig, da die starke Erhitzung dabei den Gehalt an Hydroxymethylfurfural (HMF) in die Höhe schnellen lässt, und das steht im Verdacht, krebserregend zu sein. Bestreichen Sie Ihr Gebäck lieber nach dem Backen mit Honig.

Das Interview führte Katrin Sonnleitner, Koordinatorin der Initiative Wesensgemäße Bienenhaltung.


Biene sitzend auf Blüte