Herbstanemone
Zweig

Pause neu erleben  - ein blühender Natur-Erlebnis-Hof macht Schule

13. Oktober und der Herbst schreitet voran. Die Klasse 3d der Konradschule in Haar stürmt aufgeregt auf den Natur-Erlebnis-Schulhof, obwohl gerade Unterricht ist – oder gerade deswegen: Die Herbstpflege ihres Beetes steht an.

Fr 6. November 2015 von Gastautor*in Kinder&Jugendliche, Umweltpädagogik

Auf sie warte ich, Barbara Stark. „Wer von Euch mag denn der neuen Lehrerin erzählen, was so besonders am Schulhof ist?“ frage ich. Sofort schnellen die Finger hoch. „Der ist super schön“, „hier gibt es ganz viele Blumen“, „hier wohnen viele Tiere“ und „wir haben ihn selber gebaut“. Ganz genau. Vor einem Jahr verwirklichte die Schulfamilie der Grundschule ihren Traum eines Natur-Erlebnis-Schulhofes. Wo vorher triste 1.500 m² Asphalt, aufgemalte Schachbrettfelder, ein marodes Klettergerüst und ein paar traurige Sträucher standen ist innerhalb einer zweimonatigen Mitmach-Baustelle ein wahres Pausenparadies entstanden. Basierend auf den Bedürfnissen und Wünschen der Kinder plante ich im Rahmen meiner Abschlussarbeit zum Naturgartenprofi den 1.800 m² großen Lebensraum für Kinder, Tiere und heimische Wildpflanzen. 2x im Jahr unternehme ich mit allen 17 Klassen einen Pflegegang der Beet-Patenschaften.

„Könnt Ihr Euch noch daran erinnern, warum euer Beet anders ist, als das der anderen Klassen?“ frage ich und hoffe, dass noch ein paar Erinnerungen vom letzten Pflegegang geblieben sind. „Unser Beet ist ein Waldbeet“, „die Blumen mögen lieber Schatten“, „wir sollen das Laub liegen lassen für die Tiere…damit der Regenwurm daraus Erde machen kann“. Auch die Lehrerin ist überrascht und freut sich über die Antworten. Wir vertiefen noch einmal, dass gerade im Schatten unter Bäumen mehr Nährstoffe und Feuchtigkeit sind und natürlich weniger Licht. Es gibt einige heimische Wildpflanzen die diese Bedingungen lieben, z.B. die Taubnessel, das Wald-Labkraut, der Wald-Ziest oder das Silberblatt. Andere Beete befinden sich in sonniger Lage und sind als Magerstandorte mit geringem Wasserbedarf angelegt.

„Nun kommen wir aber einmal zur Pflege“ wechsle ich das Thema. „Was müssen wir denn jetzt tun?“. „Vielleicht die braunen Stängel abschneiden?“ traut sich die kleine Lea. Jetzt habe ich doch noch etwas Neues, das ich erzählen kann. Die festen Stängel, die nun vertrocknet in die Höhe ragen und die beim konventionellen Gärtnern nun sicherlich abgeschnitten werden, lassen wir bewusst stehen. Ich zeige die Samenstände und frage wofür die wohl jetzt gut sind: „Die fallen runter und machen neue Blümchen“. Prima. Wir besprechen kurz die Vermehrung der Pflanzen. Der Samen hat aber noch einen zusätzlichen großen Wert. Für wen sind Samen wichtig? „Für die Vögel“, „die Käfer“. Richtig! Wir wollen im Schulhof möglichst viele Tiere beherbergen. Dafür bieten wir ein möglichst großes natürliches Nahrungsangebot. Die Stängel dienen aber auch als Winterquartier für viele Insekten. Deshalb lassen wir die Stängel über den Winter stehen und „räumen“ erst im Frühjahr auf.

Die Kinder sind fast ein bisschen traurig, dass so wenig zu tun ist. Deshalb dürfen sie hier und da ein paar Handgriffe machen. Für den Lesesteinhaufen sammeln wir noch ein paar schöne große Kieselsteine und die herabgefallenen Äste werden locker gestapelt. Auch schauen wir ob noch alle Totholzstücke an ihrem Platz liegen und entdecken die Kleinsttiere am Holz.

Der heutige Pflegegang mit Umweltbildung ist leider schon beendet … zusätzlich erhalten sie von mir Informationen zum Beet, Pflanzenportraits, Rezepte oder Anweisungen für Pflegeaufgaben. Diese Informationen, sowie gepresste Pflanzen werden im dafür angelegten „Patenschaftsordner“ in der Klasse deponiert. Jede Klasse ist über alle Schuljahre hinweg für ein bestimmtes Beet verantwortlich. Sie setzen Zwiebeln, beseitigen Müll, greifen ein, wenn Pflanzen Überhand nehmen. So werden die Kinder zu kleinen Naturgärtnern mit einem achtsamen Blick für Natur und Umwelt.

Übrigens: der Schulhof wurde für den „European Award for ecological Gardening“ nominiert. Das ganze Projekt ist bebildert beschrieben unter: www.konradschule.de


Über die Autorin

“Glücklich, wenn es summt und brummt!”
Barbara Stark

Barbara Stark ist Gründerin der Regionalgruppen Haar vom „Netzwerk Blühende Landschaft“ und „Naturgarten e.V.“. In gemeinschaftlichem Engagement sind schon einige Aktionen im Sinne der Artenvielfalt entstanden („Buntflächen Patenschaften“, „Gemeinde Haar blüht auf – da mach ich mit“ – Kurse und Vorträge in Gemeinschaft mit der Gemeinde Haar und der VHS Haar).

Aufbauend auf die Erfahrungen der Regionalgruppenaktivitäten absolvierte sie im September 2014 die 2 jährige Fortbildung zum Naturgartenprofi an der Naturgarten Akademie. Im Rahmen ihrer Abschlussarbeit plante sie für die Konradgrundschule in Haar einen 1.800 m² großen Natur-Erlebnis-Schulhof. Hier finden neben den bald 400 Schülern auch Bienen, Hummeln und Co. einen besonderen Lebensraum mit heimischen Wildblumen und jede Menge Nischen.

www.barbarastark.de


Biene sitzend auf Blüte