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Ehrenamtliches Großprojekt: „Wir möchten die Wildbienen bekannter machen“

Knapp drei Jahre hat es gedauert, diesen Sommer war es dann so weit: Die Mellifera-Regionalgruppe „Bienenschutz Stuttgart e. V.“ veröffentlichte das Plakat „Unsere Bienen“. Darauf zu finden sind 34 Bienenarten, die es in Deutschland und Mitteleuropa zu finden und zu entdecken gilt.

Mo 19. Dezember 2022 von Nick Leukhardt BieneMenschNatur.43, Interview, wildlebende Bienen
 (Foto: Privat)
(Foto: Privat)

Wie es zu diesem ehrenamtlichen Projekt kam, welche Schwierigkeiten sich während der Entstehung auftaten und warum es auch für reine Honigbienenhalter*innen einen Blick wert ist, erklärt Ingo Lau im Gespräch. Er leitet die Mellifera-Regionalgruppe in Stuttgart und war an der Entstehung des Plakates maßgeblich beteiligt.

Sensenkurse, Exkursionen, Info-Veranstaltungen – eure Aktivitätenliste ist wirklich lang, die Entwicklung eines Plakates darauf jedoch gänzlich neu. Wie kam es denn zu dem Projekt?

Das hat einen recht einfachen Hintergrund: Uns fällt immer wieder auf, wie wenig bekannt die Wildbienen eigentlich sind. Sowohl bei uns im Verein als auch auf Veranstaltungen mit fremden Menschen machen wir immer wieder die Erfahrung, dass die meisten Menschen mit dem Wort „Biene“ nur die Honigbiene verbinden. Dem wollten wir entgegenwirken und die Vielfalt der Wildbienen bei den Menschen bekannter machen.

Und dann habt ihr euch einfach zusammengesetzt und dieses Plakat entwickelt?

Naja, so einfach war das leider nicht. Schließlich hat es drei Jahre gebraucht, bis das Plakat fertig wurde. Im Sommer 2019 kam die Idee das erste Mal auf. Wir kannten ein ähnliches Plakat mit dem Titel „Bees in your backyard“ bereits aus den USA und fanden jedoch kein vergleichbares Äquivalent in Deutschland.

Anfang 2020 haben wir uns dann daran gemacht und überlegt, welche Bienen wir abbilden möchten. Von den über 500 Arten haben wir 50 ausgewählt und dann später auf 34 eingegrenzt. Zusammen mit Silke Meyer von der Berliner Regionalgruppe konnten wir einen Rohentwurf entwickeln, mit dem wir dann im Frühjahr 2021 an die Fotografen und Wildbienenkenner herangetreten sind.

Dann folgte der wohl schwerste Teil: das Sammeln der Fotos. Über ein halbes Jahr lang haben wir zusammen mit den Fotografen nach Bildern der Bienen gesucht, die unseren hohen Ansprüchen gerecht wurden. So hatten wir dann Ende 2021 eine ersten Fassung, die dann mehrere Korrekturschleifen durchlief. Im Juli dieses Jahres wurde dann endlich gedruckt und das Plakat an den Mellifera-Shop ausgeliefert.

Kleine und große Entdecker*innen können mit dem Plakat so manche Art erkennen und bestimmen. (Foto: Silke Meyer) Kleine und große Entdecker*innen können mit dem Plakat so manche Art erkennen und bestimmen. (Foto: Silke Meyer)

34 aus über 500 Bienenarten auszuwählen scheint mir eine ziemlich schwere Aufgabe zu sein – wie seid ihr dabei vorgegangen?

Das war es tatsächlich. (lacht) In erster Linie haben wir uns durch jede Menge Literatur gewühlt, um festzustellen, welche Wildbienen wie häufig in Deutschland vorkommen und wie weit verbreitet sie sind.

Das war unser hauptsächlicher Anspruch des Plakates: Die Wildbienen abzubilden, die jede und jeder von uns in seinem Garten entdecken kann.

Und anhand welcher Daten habt ihr dann eure Auswahl getroffen?

Wie gesagt, der erste Schritt war die Fachliteratur. Dort wird ein grobes Raster vorgegeben, wie häufig die entsprechenden Arten in Deutschland vorkommen. Das haben wir dann mithilfe der Einträge auf www.wildbienen-kataster.de verfeinert und im Gespräch mit Wildbienen-Experten abgestimmt. Herausgekommen sind dann am Ende die 34 Arten, die nun auf dem Plakat zu sehen sind.

Aber schaut man sich einmal in der Natur-Abteilung einer Buchhandlung um, dann gibt es doch Dutzende Insekten-Führer – auch mit Wildbienenfokus. Warum dann noch ein solches Plakat?

Das stimmt, die Auswahl an Bestimmungshilfen zu Insekten ist wirklich groß. Vor allem in elektronischen Medien gibt es eine große und auch wirklich gute Auswahl. Es war jedoch gar nicht unser Anspruch, hierzu ein Konkurrenzprodukt zu entwickeln. Es geht nicht darum, das Plakat in die Natur zu nehmen und damit die Bienen zu bestimmen – sondern vielmehr darum, die Bienen zu zeigen und ihre Vielfalt den Menschen bekannter zu machen.

Wen möchtet ihr mit eurem Plakat denn erreichen?

Prinzipiell natürlich alle. Aber wir können es uns vor allem im pädagogischen Bereich gut vorstellen, z.B. in Schulen oder bei umweltpädagogischen Angeboten. Aber auch im imkerlichen Kontext würden wir es uns sehr wünschen, dass sich der Horizont erweitert und man auch für die Wildbienen den Blick öffnet.

Drei Monate ist das Plakat nun bereits im Mellifera-Shop erhältlich. Wie ist das bisherige Feedback ausgefallen?

Genau so, wie wir es erwartet haben: Das Plakat erzeugt Staunen, wie viele unterschiedliche Bienen es tatsächlich gibt. Wir haben wohl schon den richtigen Nerv getroffen. Denn wir wollten einfach dieses Bewusstsein bei den Menschen fördern und ihnen sagen: „Schaut euch diese Vielfalt an, die wir haben und die schützenswert ist. Denn da wo Vielfalt ist, ist gesunde Natur“.

Übrigens

Zu bestellen gibt es das Plakat “Unsere Bienen” im Mellifera-Shop zum Selbstkostenpreis von 9,99€. Bei einer Mehrfachbestellung kostet jedes Plakat nur noch 2,50€.


Biene sitzend auf Blüte