


Wesensgemäße Bienenhaltung und Honigqualität
Wirkt sich die Art der Bewirtschaftung auf die Qualität des Honigs aus? Mit dieser Frage hat sich der Forschungsring e. V. in einer neuen Studie beschäftigt.
Mo 13. November 2017 von Gastautor*in BieneMenschNatur.33, Bienenkunde, Honig
Wirkt sich die Art der Bewirtschaftung auf die Qualität des Honigs aus? Für qualitätsorientierte Imker ist die Beantwortung dieser Frage von hoher Bedeutung. Schließlich ist die ökologische oder Demeter Bienenhaltung mit einem höheren Aufwand verbunden. Allerdings konnten am Honig bisher keine Qualitätsunterschiede durch entsprechende Bewirtschaftung sicher bestimmt werden.
In einer Vorstudie (Geier & Buchmann 2010) gab es Hinweise auf einen Einfluss der Bewirtschaftung. Von fünf Standorten in Deutschland wurde der Honig von Demeter-Imkern und jeweils benachbarten ökologisch und konventionell wirtschaftenden Betrieben verglichen. Mit sogenannten Bildschaffenden Methoden (siehe Kästchen) wurde die höchste Reifequalität bei Demeter-Honigen festgestellt. Die konventionellen Honige wiesen am meisten Alterungsmerkmale auf. Eine Schwäche der Vorstudie war, dass die verglichenen Betriebe nicht immer in direkter Nachbarschaft lagen und entsprechend die Tracht nicht vollständig vergleichbar war.
Aus diesem Grund wurde eine Folgestudie ins Auge gefasst, die einen direkten Vergleich von Demeter, ökologischer (nach EU-Bio-Verordnung) und konventioneller Imkerei zuließ. Der Mellifera e.V. begleitete das Vorhaben. Aufgrund der Vorversuche wurde entschieden wiederum die Honige mit Bildschaffenden Methoden zu untersuchen. Vom letzten Erntejahr (2014) wurden zusätzlich chemische Standardparameter erfasst. Zwei Demeter-Imkereien aus dem Allgäu und Oberfranken beteiligten sich am Projekt.
Bildschaffende Methoden
Steigbild und Kupferchloridkristallisation zählen zu den sogenannten bildschaffenden Methoden. Geringe Lebensmittelzusätze verändern die Form- und Farbbildung von gelösten Metallsalzen auf einem Träger. Beim sogenannten Steigbild entstehen die Formen und Farben auf einem Papier. Beim Kupferchloridkristallisationsbild bilden sich in einer Klimakammer durch eine kontrollierte Verdunstung Kristalle auf Glasplatten. Bildunterschiede werden mit Hilfe von Referenzbildern u.a. über Reife und Alterung interpretiert. Die wissenschaftliche Validierung beider Methoden machte in den letzten Jahren große Fortschritte. Vor allem über die Kupferchlorid¬kristallisation gibt es mittlerweile zahlreiche wissenschaftliche Artikel.
Die Untersuchung lief über 3 Jahre, von 2012 bis 2014. Im ersten Jahr wurden je Betrieb drei Völker aus konventioneller und drei aus ökologischer Bewirtschaftung zugekauft und an einem gleichen Standort zu drei betriebsüblich nach Demeter-Richtlinien gepflegten Völkern gestellt.
Bis zur ersten Honigernte wurden alle Völker mit den jeweiligen Betriebsweisen geführt. Nach der ersten Honigernte wurde begonnen die konventionellen und ökologischen Völker auf Demeter-Bewirtschaftung umzustellen (Naturwabenbau, Schwarmvermehrung, keine Styroporbeuten, großes Brutraumwabenmaß) und während der Umstellung die Proben gezogen. Diese Umstellung wurde im dritten Jahr weitergeführt. Zusätzlich wurden auf einem Betrieb im dritten Jahr wieder drei Völker konventioneller Bewirtschaftung ergänzt.
Durch dieses Versuchsdesign konnte an vergleichbaren Standorten zum einem die Bewirtschaftung konventionell, ökologisch Demeter und zum anderen die Umstellung auf Demeter von konventionell und ökologisch verglichen werden.
Behandlung der Völker
Versuchsvölker im Allgäu.
Umstellung auf Naturwabenbau 2012
(nach Demeter Richtlinie)
In der Zeit vom 18.06.2012 bis 22.06.2012 wurde begonnen, die 3 konventionellen und 3 Bio-Völker auf Naturwabenbau, großen Brutraum und mit Einsatz des Absperrgitters umzustellen. Sowohl die konventionellen, als auch die Bio-Völker wurden bei der Umstellung auf Naturbau in Beuten der Imkerei Müller umgehängt (Rähmchenmaß DNM 1 ¾).
Honigproben 2012
Der gesamte Honig von den Bio-Völkern und von den konventionellen Völkern wurde nach dem Schleudern in einem Plastikeimer gelagert und vor dem Festwerden zehn Minuten gerührt. Im Januar 2013 wurde je ein Plastikeimer auf 40°C erwärmt und verflüssigt und davon jeweils die entsprechende Menge in die Probengläser gefüllt. Der Honig von den Demeter-Völkern wurde nach dem Schleudern (2012), vor der Kristallisation zehn Minuten gerührt und gleich in die Probengläser abgefüllt. Für die Honigqualitätsuntersuchungen wurde nur Honig von der ersten Schleuderung (Frühjahrsblütenhonig 2012) verwendet.
Honigproben 2013
Der gesamte Honig von den Bio-Völkern und von den konventionellen Völkern wurde nach dem Schleudern in einem Plastikeimer gelagert und vor dem Festwerden zehn Minuten gerührt. Da alle Bienenvölker bereits im Sommer 2012 auf Naturwabenbau umgestellt wurden, wurde auch der Honig wie Demeter-Honig behandelt und deshalb nicht mehr erwärmt und die zu untersuchenden Proben gleich in Gläser abgefüllt. Der Honig von den Demeter-Völkern wurde nach dem Schleudern vor der Kristallisation zehn Minuten gerührt und auch gleich in die Probengläser abgefüllt. Für die Honigqualitätsuntersuchungen wurde nur Honig von der ersten Schleuderung (Frühjahrsblütenhonig 2013) verwendet.
Kauf konventionelle Völker 2014
Als Vergleichsvölker wurden 3 konventionelle Völker in Styropor-Beuten in die Versuchsreihe eingegliedert, die als konventionelle Völker (kleine Waben, Absperrgitter, Einsatz von Mittelwänden) weiter geführt und nicht auf Naturwabenbau umgestellt werden.
Honigproben 2014
Der gesamte Honig von den Bio-Völkern und von den konventionellen Völkern inklusive den konventionellen Vergleichsvölkern in Styroporbeuten wurde nach dem Schleudern in Plastikeimern gelagert und vor dem Festwerden zehn Minuten gerührt. Von den bereits im Sommer 2012 auf Naturwabenbau umgestellten Bienenvölkern wurde der Honig wie Demeter-Honig behandelt und deshalb nicht mehr erwärmt und die zu untersuchenden Proben gleich in Gläser abgefüllt. Der Honig von den Demeter-Völkern wurde nach dem Schleudern ebenfalls vor der Kristallisation zehn Minuten gerührt und auch gleich in die Probengläser abgefüllt. Der Honig von den Vergleichsvölkern (Styroporbeuten) wurde im Jahr 2015 erwärmt und in die Probengläser gefüllt. Für die Honigqualitätsuntersuchungen wurde nur Honig von der ersten Schleuderung (Frühjahrsblütenhonig) verwendet.
Wie wurde ausgewertet?
Der Forschungsring erhielt jährlich von beiden Betrieben neun verschlüsselte Honigproben zur Untersuchung, d.h. von jedem Volk eins. Die Verschlüsselung der Proben war für uns Untersucher wichtig. Wir wollten sicherstellen, dass wir uns nicht von unseren Erwartungen oder den Ergebnissen der Voruntersuchungen beeinflussen lassen. Die Auswertung erfolgte in zwei Stufen: Zunächst mussten aus den neun Proben je Betrieb und Jahr die drei zusammengehörigen Honige gefunden werden, also die drei Dreiergruppen für die drei Bewirtschaftungen. Diese Gruppierung gelang in den drei Jahren mit den Proben beider Betriebe zu 100 %. Diese hochsignifikant richtige Gruppierung bedeutet, dass der Einfluss der aktuellen bzw. vorherigen Bewirtschaftung in allen Jahren größer war als Unterschiede zwischen den Völkern.
Im zweiten Auswertungsschritt wurde versucht aufgrund der Erfahrungen des Vorversuchs die Honige einer Bewirtschaftung zuzuordnen (sogenannte Klassifizierung).
Im ersten Versuchsjahr gab es bei der Klassifizierung der Proben beider Betriebe jeweils eine Vertauschung: Beim Honig aus Oberfranken wurde Demeter und EU-Bio Honig verwechselt. Beim Honig aus dem Allgäu wurden EU-Bio und konventioneller Honig verwechselt.
In den beiden folgenden Erntejahren wurden die Honige zu 100 % richtig der Bewirtschaftung zugeordnet. Das bedeutet, dass sich die imkerische Bewirtschaftung über Jahre im Honig mit einer hohen Wahrscheinlichkeit nachweisen lässt.
Im Laufe der drei Versuchsjahre gab es manche Verluste an Völkern. Diese wurden teilweise ersetzt. Insgesamt konnten in den drei Jahren von den beiden Betrieben 50 Honigproben untersucht werden.
Reife und Abbau
Welche Unterschiede zeigten sich zwischen den Bewirtschaftungsweisen? Die Auswertung in den bildschaffenden Methoden Steigbild und Kupferchloridkristallisation fußt auf Referenzbildern. Es ist z.B. gut untersucht, welche Bildmerkmale bei pflanzlichen Lebensmitteln mit Unreife, Reife und Alterung (Abbau) verbunden sind. Auch gibt es Erfahrungen wie sich die physiologischen Pflanzenorgane Blüten, Früchte, Blätter usw. ausprägen. Vor allem anhand der Bildmerkmale zu Reife und Abbau wurden bereits in anderen Studien erfolgreich Proben verschiedener landwirtschaftlicher Anbaumethode getrennt.
Die höchste Ausprägung des Merkmals Reife und Gleichmäßigkeit fand sich regelmäßig bei den Demeter-Honigen. Die konventionellen Honige wiesen am stärksten Alterungs- bzw. Abbaumerkmale auf. Die Honige aus Bio-Bewirtschaftung lagen in der Bewertung dazwischen.
Steigbilder mit Honig: Links ist Demeter-Honig, hier sind die Tropfenformen rundlich, gleichmäßig, innen zieseliert und eher tief hängend. Rechts ist der konventionelle Honig, die Tropfenform ist unregelmäßig, hochgezogen und spitz.
Mit den bildschaffenden Methoden Steigbild und Kupferchloridkristallisation konnten verschlüsselte Honigproben von den 2 Betrieben und drei Erntejahren in knapp 80 % der Fälle korrekt einer von drei bzw. vier Bewirtschaftungen zugeordnet werden. In 5 von 6 Fällen wurde der Honig aus Demeter-Bewirtschaftung am besten bewertet. Genauso häufig führte der Honig aus konventioneller Bewirtschaftung (bzw. konventionell in Umstellung auf Demeter) zur ungünstigsten Bewertung. Die konventionell bewirtschafteten Völker des dritten Jahres wurden ungünstiger als alle drei anderen Varianten bewertet. Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Vorbewirtschaftung noch nach 2 Jahren zu erkennen ist.
Die Ergebnisse decken sich mit der Voruntersuchung aus dem Jahr 2010. Auch eine Beurteilung der gleichen Honige durch eine seelische Beobachtungsmethode stimmt mit unseren Ergebnissen überein (Buchmann 2017 unveröffentlicht). Keine Übereinstimmung gab es mit der chemischen Honig-Standard-Analytik, die mit den Proben aus dem dritten Versuchsjahr (2014) erfolgte. Sie fand keine Unterschiede zwischen den Proben. Dies weist darauf, dass Honigqualität offensichtlich allein durch chemische Parameter nicht hinreichend erfasst wird.
Uwe Geier & Roya Bornhütter (Forschungsring e. V.)