Pressemitteilung

EU-Kommission will Honig-Urteil nachträglich aushebeln

Müssen Verbraucher und Imker künftig Gentechnik im Honig dulden? Ja, wenn es nach dem Willen der EU-Kommission geht. Denn die versucht derzeit, das „Honig-Urteil“ des Europäischen Gerichtshofs vom September letzten Jahres auszuhebeln.

Erreichen möchte dies die Kommission mit einer Novelle der Honigrichtlinie von 2001. Dieser Richtlinie folgend, hatte der Europäische Gerichtshof entschieden, dass Pollen im Honig wie eine Zutat zu behandeln sei, da er auch beim Schleudern, also durch das Eingreifen des Imkers, in den Honig gelange. Darauf fußt im Wesentlichen die Entscheidung der Europarichter, dass Honig durch Pollen nicht zugelassener Gentechnikpflanzen seine Verkehrsfähigkeit verliert.

Die EU-Kommission möchte nun in der neuen Honigrichtlinie festschreiben, dass Pollen keine Zutat, sondern ein natürlicher Bestandteil des Honigs ist. Genauso hatte die Kommission bereits in der Verhandlung vor dem EuGH argumentiert, wurde jedoch von den Richtern deutlich zurückgewiesen: „Mit der vorgeschlagenen Auslegung“, erklärten sie wörtlich in ihrer Urteilsbegründung, „würde das Ziel der menschlichen Gesundheit beeinträchtigt, da ein Lebensmittel wie Honig keiner Kontrolle hinsichtlich seiner Unbedenklichkeit unterläge, auch wenn er in hohen Mengen genetisch verändertes Material enthalten würde.“

Ungeachtet dieser klaren Aussage für den Verbraucherschutz versucht die Kommission nun nachträglich durch eine Änderung der Richtlinie dem Urteil die Grundlage zu entziehen. Käme sie damit durch, würde das in der Konsequenz bedeuten, dass auch gentechnisch veränderter Pollen ein natürlicher Bestandteil des Honigs ist. Dies zeigt sowohl die Gefährlichkeit als auch die Absurdität der geplanten Novelle der Honigrichtlinie. Sie könnte letzten Endes dazu führen, dass selbst Honig, der vollständig oder zu großen Teilen aus Gentechnik-Raps stammt, nicht mit einem Hinweis auf die Gentechnik gekennzeichnet werden muss.

Die Kommission gibt vor, mit ihrem Vorstoß den Imkern eine Erleichterung zu verschaffen, damit sie für ihren Honig keine Zutatenliste angeben müssen. Das müssen sie jedoch nach Auffassung von Rechtsexperten ohnehin nicht. Im Zweifelsfall wäre eine Angabe „enthält Blütenpollen“ völlig ausreichend. Würde es der Kommission tatsächlich nur darum gehen, eine Zutatenliste für Honig zu vermeiden, wäre es naheliegend und vollkommen ausreichend, nicht die Honigrichtlinie, sondern das allgemeine Lebensmittelkennzeichnungsrecht zu ändern. Dieses enthält bereits eine Liste von Lebensmitteln, für die keine Zutatenliste erforderlich ist. Käse ist beispielsweise darin enthalten, Honig dagegen bislang noch nicht.

Thomas Radetzki, Sprecher des Bündnisses zum Schutz der Bienen vor Agrogentechnik, ist empört: „Man tut uns mit der geplanten Änderung definitiv keinen Gefallen. Denn es waren ja gerade wir Imker, die im Interesse der Transparenz und Wahlfreiheit für unsere Kunden das Honig-Urteil vor dem Europäischen Gerichtshof erstritten haben. Hier soll offenbar eine Richtlinie geändert werden, weil sie den Interessen der Gentechniklobby widerspricht.“

Peter Maske, Präsident des Deutschen Imkerbundes, unterstreicht dies: „Die meisten Imker stehen in direktem Kontakt zu ihren Kunden und können sich nicht hinter Kennzeichnungsregeln verstecken. Als in meiner Heimatregion, dem Landkreis Kitzingen, Genmais angebaut wurde, mussten wir Imker unseren Kunden Rede und Antwort stehen. Der Vorschlag der Kommission löst keines unserer Probleme mit dem Anbau gentechnisch veränderter Lebensmittel.“ Und Walter Haefeker, Präsident des Europäischen Berufsimkerverbandes EPBA, ergänzt: „Wir haben auch auf europäischer Ebene der Kommission gegenüber immer wieder deutlich gemacht, dass wir auf der Gleichstellung unserer Kunden bei der Ausübung ihrer Wahlfreiheit in punkto Gentechnik bestehen.“

Nach Ansicht der im Bündnis zusammengeschlossenen Imkerverbände möchte die EU-Kommission mit ihrem Vorstoß verhindern, dass die Imker aus Schäden durch die Verunreinigung ihres Honigs mit verbotener Gentechnik Schutz- oder gar Schadensersatzansprüche ableiten könnten. Genau das könnte schon bald passieren. Denn Imker Karl Heinz Bablok möchte derzeit auf Basis des Honig-Urteils der Europarichter vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig durchsetzen, dass seine Bienen und sein Honig vor verbotener Gentechnik geschützt werden. Konkret heißt das, dass ein Umkreis von zehn Kilometern um seine Bienenstände frei von solchen Pflanzen sein muss, denn so weit fliegen Bienen auf der Suche nach Nektar und Pollen.

Mitglieder des Bündnisses zum Schutz der Bienen vor Agrogentechnik

  • Manfred Hederer, Präsident Deutscher Berufs- und Erwerbsimkerbund, Hofstattstr. 22a, 86919 Utting, www.berufsimker.de
  • Günter Friedmann, Vertreter Bundesfachgruppe Demeter Bienenhaltung, Küpfendorf 37, 89555 Steinheim, www.demeter.de
  • Albrecht Pausch, Sprecher Bundesfachausschuss Imkerei, Bioland, Unterschnatterbach 3, 85298 Scheyern, www.bioland.de
  • Peter Thießel, 1. Vorsitzender Gemeinschaft der europäischen Buckfastimker e.V., Am Heisterkamp 7, 29456 Hitzacker

Presse Kontakt

Lydia Wania-Dreher
Lydia.Wania-Dreher@mellifera.de
Tel. + 49 7428 945 249-22

zur PM-Übersicht


Newsletter

Ich bin damit einverstanden, dass meine E-Mail-Adresse zum Zwecke der Anmeldung und der Zusendung einer Opt-in-E-Mail für den Newsletter an den Versanddienstleister "MailChimp" übermittelt wird. Die Datenschutzerklärung dieser Website habe ich zur Kenntnis genommen.
Spenden
Mitglied werden