Eckehard Kiesewetter Kreis Haßberge — Der Hitzesommer, das Artensterben und nicht zuletzt das Volksbegehren und die geplante Gesetzesnovelle haben aufgerüttelt. Immer mehr Menschen sind bereit, etwas für die Umwelt zu tun - im persönlichen Bereich und im eigenen Verhalten etwas zu verändern. Ein Beispiel ist es, im Garten, an Randstreifen oder auf dem Acker Refugien für Insekten zu schaffen.

Blüh-Patenschaften sind derzeit der Renner, auch im Landkreis Haßberge. Viele bauen dabei auf das Netzwerk "Blühende Landschaft", das bereits im Jahr 2003 von dem gemeinnützigen Verein "Mellifera" gegründet wurde und sich artgerechte und umweltfreundliche Betriebsweisen zum Ziel gesetzt hat. Landwirte, Naturschützer, imker, Gärtner, Kommunen und Wissenschaftler arbeiten mit.

Solch eine Oase für Biene, Schmetterling, Hummel und Co schafft Rainer Brandenstein auf einem gepachteten 1500 Quadratmeter großen Stück Land im Maroldsweisacher Gemeindeteil Altenstein. "Letztes Jahr war's zu trocken, heuer gedeihen die Pflänzchen dagegen prima", freut sich Brandenstein. Ende April hat er mehrjährige Blühmischungen("Veitshöchheimer Bienenweide") ausgesät. Sie sollen neben der Blütentracht noch eine Brut- und Überwinterungsmöglichkeit für Wildbienen garantieren. Weil das Ganze einem guten Zweck dient und Nachahmer finden soll, klären Schilder auf: "Hier blüht es für Bienen, Hummeln & Co".

Nicht nur für die Bienen

"Als kleiner Imker", erklärt Brandenstein, "sind mir nicht nur meine Bienen wichtig, sondern auch die Wildbienen, die anderen Insekten und der Umweltschutz". Deshalb hat er sich dem Netzwerk angeschlossen. Landwirte seien im besonderen Maß von der Bestäubungsleistung der Bienen abhängig.

Das weiß auch Helmut Grell aus Rentweinsdorf, der schon 2009 eine Bienenweide an der Bundesstraße 279 bei Ruppach anlegte, als noch niemand vom Insektensterben sprach. Schon für die damalige agrarökologische Versuchsfläche nutzte der Landwirt "Veitshöchheimer Bienenweide". Das waren die schönsten Blühwiesen, sagt der heute 69-jährige, der in all den Jahren und auf weiteren Standorten bei Rentweinsdorf, Siegelfeld und Treinfeld andere Saatmischungen nutzte und nutzt - darunter auch die vom Landwirtschaftsamt vorgeschriebenen, für deren Einsatz Bauern heute Zuschüsse erhalten.

Malven aus der ersten Ansaat wachsen noch heute auf dem Grund bei Ruppach, auch wenn der Rest der Blühwiese nach ein paar Jahren verunkrautete und frisch angesät werden musste. Grell hat den Betrieb inzwischen an seinen Sohn weitergegeben, doch er ist zurecht stolz auf den Beitrag für den Umweltschutz, denn die "Saatmischungen sind schon ganz schön teuer".

Lehrgeld gehört dazu

Auch die bienenfreundlich summende Stadt Ebern musste mit ihren Blühwiesen Lehrgeld bezahlen, bestätigt Bauhofleiter Christian Raehse. Er meint neben der Trockenheit des Jahres 2018 auch die Bodenvorbereitung und die Pflanzkulturen. Außerdem bleibe immer eine Diskussion mit Bürgern über den Zustand und die Ansehnlichkeit der Flächen. Raehse: "Was des einen Freud (Bienen, Insekten), ist des anderen Leid (ungemähte Wiesenflächen)." Die Anlage von Blühwiesen wird über die Baunach-Allianz organisiert, die im vergangenen Jahr mehr als 60 Kilo Saatgut an Gemeinden und Bürger ausgab.

Der Landkreis bietet Lehrgänge zum Thema "Blühflächen nachhaltig anlegen" an. Durch solche Kurse und die Unterstützung des Bund Naturschutz haben die Bauhofmitarbeiter dazugelernt, manches umgestellt und optimiert, berichtet Raehse. Gern biete er auch Bürgern "eine kleine Beratung, damit die Ansaat erfolgreich wird."

Sofern das Wetter mitspielt, können Bürger und Insekten sich in Ebern an mehreren intensiveren Blühflächen, Staudenbeeten sowie Bienen- und Blumenwiesen erfreuen.

Kinder als Saathelfer

61 Firmen, Familien und Einzelpersonen fördern als Paten eine Blühflächen-Aktion in Unfinden. Hier zeichnet die Landwirts-Familie Kettler verantwortlich. Klappern gehört zum Handwerk und den Umweltgedanken kann man nicht früh genug in die Köpfe der Menschen "pflanzen"- also haben die Kettlers die Mädchen und Buben des evangelischen Kindergartens "Arche" Königsberg "eingespannt". Beim Anlegen einer Bienenweide an der Kreuzung Radweg/Betonstraße auf dem Weg von Unfinden nach Hellingen durften die Kinder selbst mit der Hand säen. Viel schneller ginge es dann natürlich, als Bauer Jan Kettler den Rest der Fläche mit Schlepper und Sämaschine beackerte, was die Kindern gespannt verfolgten. Als Dank für ihnen Fleiß spendeten ihnen die Kettlers Samen für 200 Quadratmeter Fläche, damit am Kindergarten ein Bienenparadies entstehen kann. Auch an der Blühfläche der Kettlers beschreiben Informationstafeln das Projekt und nennen die Blüh-Paten - sofern sie nicht anonym bleiben wollten.

Ganz auf eigene Initiative und auf eigene Kosten legt Daniel Hemmerich aus Schönbach in den Gemarkungen Neubrunn und Breitbrunn Blühwiesen an - nicht plakativ am Straßenrand oder Feldrain, sondern "eher versteckt an Waldrändern und im Hintergrund". Er sieht darin größeren Nutzen für die Natur. So könne sich die Vielfalt der Arten in Ruhe entfalten. Der Junglandwirt hat die Flächen gepachtet, wie einen Großteil der Äcker, die er intensiv und im Kulturwechsel bewirtschaftet. Dem 25-Jährigen geht es um den Schutz der Natur.

Allgemein bekennt er, sei es "ein ungutes Gefühl", mit der Spritze unterwegs zu sein, weil die Landwirte derzeit öffentlich an den Pranger gestellt würden. Dennoch schwört der Mitarbeiter der Hofheimer RW Agrar-GmbH auf die konventionelle Landwirtschaft, weil nur dadurch Schädlinge auszuschalten seien. Als Beispiel nennt er den Rapsglanzkäfer. Dieser verhindere das Aufblühen des Rapses, der wiederum die erste wichtige Nahrung der Bienen im Frühjahr sei. Hemmerich, der den Betrieb im vergangenen Jahr von seinem Vater Norbert übernommen hat, setzt bienenungefährliche, sogenannte B4-Insektizide, ein, auch wenn diese wesentlich teurer sind als die weit verbreiteten B1-Mittel. Und er sprüht möglichst erst abends, wenn der Bienenflug beendet ist.

Ihm mache die Arbeit im Nebenerwerb, "richtig viel Spaß", erst recht, wenn alles grün und saftig ist, wie in diesem Mai. Ganz anders als im Frustjahr 2018", wo die Trockenheit den Landwirten erheblich zusetzte: "2018, das war eine richtige Feuertaufe", sagt Hemmerich.

Er findet gut, wenn der Staat in der Folge des Bienen-Volksbegehrens jetzt tatsächlich etwas für den Artenschutz tue, auch wenn er findet, dass die Schritte nicht von oben diktiert, sondern in intensiver Absprache mit den Landwirten umgesetzt werden sollten: "Bürokratie haben wir schon genug".